7. Dezember 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Neapolitan Concertos – Musica Fiorita / Daniela Dolci

Neopolitan Concertos – Musica Fiorita / Daniela Dolci
Neapolitan Concertos – Musica Fiorita / Daniela Dolci

Neapel? Oper! So möchte man für gewöhnlich ausrufen. Doch diese Produktion macht deutlich, dass am Fuße des Vesuvs während des 18. Jahrhunderts auch anderes entstand – und dies auf vorzüglichem Niveau. Dass Instrumentalmusik vor allem in Norditalien ein Zuhause hatte, wird zwar nicht in Frage gestellt, wohl aber ergeben sich historisch wie musikalisch ganz neue Facetten.

So findet sich ein Violinkonzert von Pergolesi ebenso wie sehr flüssig geschriebene Kompositionen für Violoncello von Francesco Supriani (1678–1753) und Stefano Galeotti (1723–1790). Folgt man dem Einführungstext im Booklet, so erschließt einem das Concerto für Blockflöte von Domenico Sarri (1689–1744) einen bisher weithin unbeachtet gebliebenen Kontext: Das Stück ist Teil einer 1725 entstandenen Handschrift mit dem Titel Concerti di flauto, violini, violetta, e basso, die 24 Werke neapolitanischer Meister enthält und eine zeitweise Vorliebe für die (Block-)Flöte dokumentiert.

Schlummert hier nicht ein Repertoire, mit dem geradezu enzyklopädisch eine lokale Tradition mit ihren Eigenarten und verschiedenen musikalischen Dialekten entdeckt werden kann? Daniela Dolci und ihr Ensemble Musica Fiorita zeigen mit dieser Produktion und der Werkfolge, wie bunt und keineswegs nach Einheitsmustern in Neapel Musik geschrieben wurde. Das jung gebliebene Ensemble rekrutiert sich auch nach 30 Jahren noch aus der Schola Cantorum Basiliensis: Virtuose Beherrschung der Instrumente wie auch die sprachhafte Gestaltung des musikalischen Verlaufs sind somit selbstverständlich und formen lebendige Interpretation ohne gestelzte Akzente oder aufgesetzte Diminutionen. Eine famose Einspielung, die durch ihr Konzept und ihre interpretatorische Unaufgeregtheit punktet. Ein musikalischer Lustgarten.


Werke von Giambattista Pergolesi, Giovanni Battista Mele, Francesco Supriani, Francesco Barbella, Stefano Galeotti, Domenico Sarri
Priska Comploi (Blockflöte), Germán Echeverri (Violine), Daniel Rosin (Violoncello), Musica Fiorita, Daniela Dolci
Pan Classics PC 10413 (2019)

 

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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