18. Januar 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Sebastian Fagerlund / Oceano

Sebastian Fagerlund / Oceano

Die schönsten Bilder produziert die Natur selbst. Zu dieser erneuten Erkenntnis führt das auf dem Cover dieses Albums gezeigte Satellitenbild, das dunkle Ostsee-Gewässer südwestlich von Gotland zeigt. Was für ein Bogenschwung, was für eine faszinierende Farbintensität! Das tiefe Blau der See ist bestens gewählt, um optisch die Musik von Sebastian Fagerlund (*1972) zu illustrieren. Doch Vorsicht ist geboten: Ein maritimes Orchester-Rauschen bietet dieses Album nicht – wohl aber intensive Kammermusik, mit der man tatsächlich hie und da verschiedene Zustände von Wind und Wellen assoziieren kann. Hier jedenfalls spielt das Cover

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #112 – Meer
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Matthews / A Vision of the Sea

Matthews / A Vision of the Sea

David Matthews (*1943) eröffnet seine Werkeinführung im Booklet mit einer kurzen Reflexion über die Begriffe Sinfonie, Sinfonische Dichtung und Tondichtung, die er nicht bloß ästhetisch betrachtet (abstrakte Werke vs. programmatische Aspekte), sondern auch nach Gewicht und Länge, um jeweils die «angemessene Bezeichnung» zu finden. Er bezieht sich dabei auf Jean Sibelius – so wie auch seine Partituren in manchen Momenten nicht ohne den in England beliebten Finnen zu denken sind. Aber auch ein Werk von Einojuhani Rautavaara scheint Spuren hinterlassen zu haben: der Cantus Arcticus op. 61 (1972) mit den

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #112 – Meer
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Opus 1 Feminin / Kathrin Schmidlin

Opus 1 Feminin / Kathrin Schmidlin

Nicht einmal bei Komponisten findet sich diese Idee auf einem Album oder in einer Box derartig durchdekliniert: eine Zusammenstellung von Klavierwerken, die alle als gedrucktes «Opus 1» in die Welt traten und mit denen ihr Schöpfer sich empfehlen wollte. Hier nun kommen in knapp einer Stunde nicht weniger als acht Komponistinnen mit ihren Erstlingen zu Wort – von Clara Schumann bis Alicia Terzian (*1934). Präsentieren sich die Herren meist mit Streichquartetten oder Klaviertrios und nur selten mit Sonaten (Brahms und Berg) bzw. Variationen (Schumann), so sind es bei den Damen

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #111 – Opus 1
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Maarten Ter Horst / Helikon Quartet

Maarten Ter Horst / Helikon Quartet

«Aimez-vous Brahms?» So jedenfalls wird man nach dem ersten Satz des hier eingespielten Streichquartetts Nr. 1 e-Moll aus den Jahren 2017/20 fragen. Natürlich handelt es sich um kein Plagiat, aber Maarten Ter Horst (*1987) knüpft hier ganz bewusst an der Harmonik und dem musikalischen Ausdruck der fortschreitenden zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an. Der Gestus erinnert tatsächlich in einzelnen Passagen an den großen Hamburger, dann aber geht es in Sequenzstrecken und Tremoli weiter, die einen eher an Schubert denken lassen. Ein Werk für eine Blindverkostung, die wohl manchen Experten in

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #110 – neue Streichquartette
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Stefano Scodanibbio / Arditti Quartet

Stefano Scodanibbio / Arditti Quartet

Seit seinem Tod ist es um die Musik von Stefano Scodanibbio (1956–2012) recht ruhig geworden. Das vorliegende Album eingeschlossen, sind lediglich drei CDs erschienen – zu wenig, wenn man sich auf die fantastische Klangwelt des zuletzt in Mexiko lebenden Italieners einlässt. Als der wohl bedeutendste Kontrabassist seiner Zeit kann Scodanibbio als Prototyp des alten wie neuen Interpreten-Komponisten gelten: Durch die von ihm erforschten und eingeführten Spielweisen erweiterte er auch seine eigene musikalische Sprache – nicht nur auf dem Bass, sondern weit darüber hinaus und wie hier für Streichquartett. Das bereits

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #110 – neue Streichquartette
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Javier Quislant / Klangforum Wien

Javier Quislant / Klangforum Wien

Auch wenn das Album nur eine Spielzeit von knapp 48 Minuten aufweist: Man wird wahrlich weit mehr Zeit, ruhige Zeit, aufwenden müssen, um sich mit den hier exponierten Klanggestalten von Javier Quislant (*1984) vertraut zu machen. Die vier Sätze von Sinuoso Tiempo (2019–2021), was soviel bedeutet wie «gewundene Zeit», werden dabei im Untertitel als «Cycle for String Quartet» bezeichnet – eine Bezeichnung allerdings, der der recht flexible Ablauf des Werks kaum entspricht, ihr sogar zuwider läuft: So gibt der Komponist selbst an, dass der (zuerst entstandene) 4. Satz auch unabhängig

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #110 – neue Streichquartette
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Per Nørgård / John Storgårds

Per Nørgård / John Storgårds

Es ist schon erstaunlich, wie frisch so manches Spätwerk eines Altvorderen anmutet. So etwa bei Per Nørgård (* 1932), der mit 80 Jahren seine 8. Sinfonie vollendete (2011) und mit den Three Nocturnal Movements (2015) noch ein weiteres gewichtiges Werk nachlegte. Den Partituren ist gleichermaßen eine weise Gelassenheit anzumerken wie auch eine nach wie vor kraftvolle Kreativität. Und eine Form des schöpferischen Understatements und Loslassens: Für die Nocturnal Movements haben der Komponist und Jakob Kullberg (als Solist) zum wiederholten Male zusammengearbeitet; ein kreativer Austausch, wie man ihn seit dem ausgehenden

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #108 – Sinfonisches
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Howard Arman / Weihnachtsgeschichte

Howard Arman / Weihnachtsgeschichte

In einer Zeit, in der das Weihnachtsfest zunehmend im Konsum erstickt und alsbald womöglich endgültig säkularisiert zu werden droht, hat der Dirigent, Chorleiter und Komponist Howard Arman (*1954) eine neue Vertonung der Weihnachtsgeschichte mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks vorgelegt. Ein Werk, an dem vieles anders ist, als man es vielleicht erwartet. Zunächst der zugrunde gelegte Text: Er stammt aus dem Protoevangelium des Jakobus – einer Schrift aus der Mitte des 2. Jahrhunderts, die es nicht in den Kanon des Neuen Testaments geschafft hat, allerdings eine uns heute eher bewegende,

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #105 – Weihnachten
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