24. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Sebastian Fagerlund / Oceano

Sebastian Fagerlund / Oceano

Die schönsten Bilder produziert die Natur selbst. Zu dieser erneuten Erkenntnis führt das auf dem Cover dieses Albums gezeigte Satellitenbild, das dunkle Ostsee-Gewässer südwestlich von Gotland zeigt. Was für ein Bogenschwung, was für eine faszinierende Farbintensität! Das tiefe Blau der See ist bestens gewählt, um optisch die Musik von Sebastian Fagerlund (*1972) zu illustrieren. Doch Vorsicht ist geboten: Ein maritimes Orchester-Rauschen bietet dieses Album nicht – wohl aber intensive Kammermusik, mit der man tatsächlich hie und da verschiedene Zustände von Wind und Wellen assoziieren kann. Hier jedenfalls spielt das Cover

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Matthews / A Vision of the Sea

Matthews / A Vision of the Sea

David Matthews (*1943) eröffnet seine Werkeinführung im Booklet mit einer kurzen Reflexion über die Begriffe Sinfonie, Sinfonische Dichtung und Tondichtung, die er nicht bloß ästhetisch betrachtet (abstrakte Werke vs. programmatische Aspekte), sondern auch nach Gewicht und Länge, um jeweils die «angemessene Bezeichnung» zu finden. Er bezieht sich dabei auf Jean Sibelius – so wie auch seine Partituren in manchen Momenten nicht ohne den in England beliebten Finnen zu denken sind. Aber auch ein Werk von Einojuhani Rautavaara scheint Spuren hinterlassen zu haben: der Cantus Arcticus op. 61 (1972) mit den

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Chausson / Poème de l’amour et de la mer

Chausson / Poème de l’amour et de la mer

Vermutlich gehört Ernest Chausson (1855–1899) zu den prominentesten Opfern eines Fahrradunfalls. Nicht etwa in der Stadt, sondern auf dem Land in der Sommerfrische. Bergabwärts, eine scharfe Kurve, keine oder unzureichende Bremsen, eine Steinmauer. Zu diesem Zeitpunkt waren die beiden hier eingespielten Werke bereits vollendet. Es sind seine wohl bekanntesten, die zwischen 1886 und 1895 entstandenen Oper Le Roi Arthus op. 23 wird noch immer als Geheimtipp gehandelt. Chaussons offenkundige musikalische Nähe zu Richard Wagner bezeichnete Edouard Lalo 1883 einmal als «Wagnérie purulente» (eine Wagner-Vereiterung) – kein Wunder, reiste Chausson doch

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Tales of the Sea / Lydia Maria Bader

Tales of the Sea / Lydia Maria Bader

«Und die See wird allen neue Hoffnung bringen, so wie der Schlaf die Träume bringt.» Und so geht die Hörbar diese Woche auf große Fahrt durch ruhige Gewässer wie auch in eher stürmische Gefilde. Den Anfang macht eine sehr stimmige und starke Produktion mit Klavierwerken, gespielt und zelebriert von Lydia Maria Bader. Bereits bekannt als Schatzsucherin mit einem Hang zu thematisch eng verzahnten Programmen, fährt sie hier aus auf den Ozean – vor allem mit dem dreiteiligen Le chant de la mer (1905) von Gustave Samazeuilh (1877–1967); einem Riesenwerk (25

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Dandrieu & Corelli / Le Consort

Dandrieu & Corelli / Le Consort

Was viele Jahrzehnte später als Streichquartett zum «Gesellenstück» wurde, das war um die Wende zum 18. Jahrhundert die Triosonate. In der Nachfolge von Arcangelo Corelli und maßgeblich beeinflusst von seinen Opera entstanden zahlreiche Sammlungen, in der Regel von sechs Sonaten. Hier ist auch das 1705 gedruckte «Opus 1» von Jean François Dandrieu (1682–1738) zu verorten, der sich frühbegabt den Tasteninstrumenten zuwandte und als Musiker bis zu einem der vier etatmäßigen Organisten an der Chapelle Royale in Versailles aufstieg. Dass von ihm nur weniges gedruckt wurde und nur wenig mehr erhalten

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Opus 1 Feminin / Kathrin Schmidlin

Opus 1 Feminin / Kathrin Schmidlin

Nicht einmal bei Komponisten findet sich diese Idee auf einem Album oder in einer Box derartig durchdekliniert: eine Zusammenstellung von Klavierwerken, die alle als gedrucktes «Opus 1» in die Welt traten und mit denen ihr Schöpfer sich empfehlen wollte. Hier nun kommen in knapp einer Stunde nicht weniger als acht Komponistinnen mit ihren Erstlingen zu Wort – von Clara Schumann bis Alicia Terzian (*1934). Präsentieren sich die Herren meist mit Streichquartetten oder Klaviertrios und nur selten mit Sonaten (Brahms und Berg) bzw. Variationen (Schumann), so sind es bei den Damen

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Leopold Hofmann / Musica Elegentia

Leopold Hofmann / Musica Elegentia

Am Ende seines Lebens wurde dem als Domkapellmeister in Wien wirkenden Leopold Hofmann (1738–1793) kein geringerer (aus heutiger Perspektive!) als Wolfgang Amadeus Mozart unbesoldet, aber mit der Aussicht auf Nachfolge zur Seite gestellt. Mozart starb unerwartet früher, und so übernahm Johann Georg Albrechtsberger die Vertretung wie auch später das Amt. Kompositorisch ist in Einspielungen nur wenig von Hofmann greifbar; sein 1775 erschienenes und nun eingespieltes «Opus 1» ist jedenfalls noch ganz dem galanten Stil zuzuordnen, manche Wendung und Phrase erinnert eher an Boccherini als an Haydn. Auf jeden Fall aber

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Sperger / Kammerakademie Potsdam

Sperger / Kammerakademie Potsdam

Schon lange ist Johannes Matthias Sperger (1750–1812), der zuletzt in der Hofkapelle des Mecklenburg-Schweriner Herzogs tätig war, kein Unbekannter mehr – und zwar sowohl auf dem Kontrabass wie auch als versierter Komponist seiner Zeit. Geläufig ist vielleicht seine «Anfangs-Sinfonie» (ein originelles Spiegelbild von Haydns «Abschieds-Sinfonie»); die Solokonzerte für «sein» Instrument haben es jedoch in sich. Auch der verschrobene Charakter in Patrick Süskinds Einakter Der Kontrabaß weiß darüber ein kurzes Klagelied anzustimmen. Beim Label cpo hat Spergers Musik seit einigen Jahren einen festen Platz, so dass aus dem Bereich der Kammermusik

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Lamoninary / Ensemble Hemiolia

Lamoninary / Ensemble Hemiolia

In der Ausgabe #111 widmet sich die Hörbar nicht etwa Einspielungen einer der bekannten Klaviersonaten Beethovens, auch nicht längst vergriffenen Veröffentlichungen des legendären Labels opus 111, sondern Produktionen, die sich einem «Opus 1» widmen. Die recht bunte Runde eröffnet die 1749 in Paris gedruckte Sammlung von Triosonaten eines gewissen Jacques-Philippe Lamoninary (1707–1802) – ein großer Unbekannter der Musikgeschichte. Wer in der MGG (auch online) sucht, wird nichts finden. Er soll sehr gut die Violine beherrscht haben, aber nach Paris scheint es ihn nicht (zumindest nicht nachhaltig) gezogen zu haben: Nach

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