25. Juli 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Herzog / Muche / Nillesen – anasýnthesi

Herzog / Muche / Nillesen – anasýnthesi
Herzog / Muche / Nillesen – anasýnthesi

Das Trio mit der seltenen Intrumentenkombination von Kontrabass (Constantin Herzog), Matthias Muche (Posaune) und Etienne Nillesen (Snare Drum) erforscht in diesem aktuellen Album auf circa 33 Minuten einen musikalischen Raum, dessen Entstehung genau das benötigt: Zeit und Raum. Die drei Musiker:innen entfalten die Musik vor den Ohren ihrer Zuhörer:innen. Da rumort es, da bräst es, da schnarrt es, da finden Töne zueinander, umsäuseln sich, trennen sich.

Es ist ein andauerndes Spiel aus interaktiven Nähegraden – beinahe wie bei lebenden Objekten, die zwischen maximaler Unabhängigkeit von- und zueinander geprägt sind (auf der einen Seite) und einer Verschmelzung mit- und ineinander, die zwischen vollkommen und reibungsstarken Intensitäten schwankt.

Virtuosität der Weite

Eine Virtuosität der Weite ist es im Großen und Ganzen eher als eine verdichtende Dauerverschachtelung in den Details, die aber die Grundlage dafür stellen. Alle sogenannten Parameter, vor allem hier ineinander verwobene Grade von Lautstärken geraten in Beziehung, wobei die Geräuschelemente von Nillesen eher die Zeit(im)pulse rührend setzt. Das erzeugt einen, wie ich es nennen würde, multitonalen Raum.

So geht es die ersten 15 Minuten, danach spielen Stillephasen eine größere Rolle ebenso wie Wiederholungen einzelner Schallereignisse (was ein wenig wie eine Feldman-Paraphrase zunächst wirkt). Für das Nachhören dieses Zusammenspiels ist Geduld gefragt und Offenohrigkeit. Die Frage ist, kann eine solche Musik die einhörende Spannung halten oder ist es zum Ende hin auch für die Musiker:innen selbst eine Geduldsübung, bei der schon mal wie bei Minute 21 in der Posaune eine kleine Unsicherheit im Ansatz zu bemerken ist und ein mikrotonaler Dissenz, also unsaubere Dissonanz! Schwierig.


Herzog / Muche / Nillesen – anasýnthesi [2025]

  • Constantin Herzog – double bass
  • Matthias Muche – trombone
  • Etienne Nillesen – snare drums
  • Composition by Constantin Herzog (GEMA), Matthias Muche (GEMA) and Etienne Nillesen (TONO). Recorded October 24th, 2024 at Tersteegenkirche, Cologne.
  • Recording and mixing by Constantin Herzog. Mastering by Giuseppe Ielasi. Design by Michell Zethson, finalised by Sara Lundén. Executive producer, Alex Zethson.

CD Thanatosis THT 43 (VÖ: 23.05.2025)


Siehe auch:

Autor

  • Martin Hufner. Foto: Kurt Hufner

    Martin Hufner ist Musikjournalist, Musikwissenschaftler, Blogger. Er betreut nebenbei die Online-Redaktion der neuen musikzeitung.

    View all posts
hoerbar_nmz

Der HörBar-Newsletter.

Tragen Sie sich ein, um immer über die neueste Rezension informiert zu werden - entweder täglich oder mit den Rezensionen der vergangenen Woche am Sonntag.

Liste(n) auswählen:
DSGVO-Abfrage*

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden.