13. Mai 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Deutsches Streichtrio

Deutsches Streichtrio
Deutsches Streichtrio
Oft wird das Streichtrio als «kleiner Bruder» des Streichquartetts angesehen. Ich erinnere mich noch lebhaft an den Kommentar des Vorstandes einer kleinen, etablierten Konzertreihe, der vor nunmehr 30 Jahren ganz verblüfft war, dass ein Ensemble auch ohne zweite Geige gut klingt und etwas zu sagen hat. Aber auch heute noch findet man kaum Streichtrios auf den Programmen der (wenigen) verbliebenen Kammermusikreihen – offenbar sind die alten Vorbehalte noch lebendig. Dabei ist das Repertoire der vergangenen 250 Jahre erstaunlich breit und nicht nur auf marginal erscheinende Komponist:innen beschränkt: Bedeutende Werke finden sich nicht nur bei Mozart, Beethoven, Hindemith, Schönberg…

Unter dem altbackenen Titel Streichtrios aus Böhmen hat das 1972 gegründete und seither verjüngte Deutsche Streichtrio vier paarweise kontrastierende Kompositionen versammelt: Auf der einen Seite die im freundlichen (und unverbindlichen) Ton gehaltenen Werke von Johann Baptist Vanhal (1739–1813) und Vaclav Pichl (1741–1805), auf der anderen das dunkel gefärbte, griffige Streichtrio Nr. 2 (1934) von Bohuslav Martinů (1890–1959) und das bereits dritte Werk dieser Gattung (op. 158, 2020) von Roland Leistner-Mayer (*1945), der einen ganz eigenen, mehr oder weniger freitonalen, in sich stimmigen und weite Strecken ausfüllenden Ton anschlägt. Es sind auch diese beiden Partituren, in denen das Deutsche Streichtrio überzeugt und Akzente setzt – während die erstaunlich belanglose Interpretation der Werke des 18. Jahrhunderts deutlich abfällt und an Einspielungen aus den 1970er Jahren erinnert.

Streichtrios aus Böhmen
Johann Baptist Vanhal. Divertimento G-Dur W. VIb:13; Roland Leistner-Mayer. Streichtrio Nr. 3 op. 158; Vaclav Pichl. Streichtrio Nr. 3 B-Dur; Bohuslav Martinů. Streichtrio Nr. 2 H. 238
Deutsches Streichtrio

TYXart TXA 22168 (2021)

Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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  • Deutsches Streichtrio
Teil 1 von 1 in Michael Kubes HörBar #155 – Streichtrios

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