Er war zunächst und vor allem als Pianist auf den großen Podien zuhause; dass er auch komponierte, spielte zunächst keine große Rolle. Heute hat Olli Mustonen (*1967) längst auch den Taktstock in die Hand genommen – nicht als frühzeitiges «Altersphänomen», sondern als eine Tätigkeit, die er schon in jungen Jahren studiert hatte. Dennoch ist ihm mit seinen Partituren noch nicht der große Durchbruch als Komponist gelungen. Warum dies so ist, kann auf diesem Album mit zwei Sinfonien behört werden. Denn Mustonen schreibt zwar flüssig, allerdings in einer Art und Weise, die als eklektisch zu bezeichnen ist. Man muss weder die Partituren lesen, noch einem seiner Interviews folgen, um hier und da Rhythmen, Harmonien, Farben und Klänge klar zuweisen zu können – von Strawinsky und Sibelius über Rautavaara bis hin zu John Adams und manchmal auch weiter zurück oder auf anderen Wegen. Für den Hörer ein interessantes Spiel mit Allusionen und Zitaten – aber: What’s new?
Hinzu kommt die Programmatik, die sich in den beiden Sinfonien verbirgt. Doch auch wenn es sich nicht um ein Programm im eigentlichen Sinne, sondern eher um eine Inspirationsquelle handelt, legt Mustonen Spuren und gibt Hinweise, die sich nicht ohne weiteres nachvollziehen lassen. So in der Sinfonie Nr. 2 «Johannes Angelos» (2013), für die die Lektüre des gleichnamigen Romans des finnischen Schriftstellers Mika Waltari (1908-1979) aus dem Jahr 1952 den Anstoß gab. Doch ohne genauere Kenntnis des Inhalts der Vorlage (Konstantinopel 1453) bleiben auch die Satzüberschriften im Dunkeln. Übrig sind am Ende nur die unzweifelhaft musikalischen Anklänge. Olli Mustonen war sich dieser Problematik bei seiner Sinfonie Nr. 3 «Taivaanvalot» (2020), der Fragmente aus der Kalevala zugrunde liegen, durchaus bewusst,: «Eine Übertragung in Musik schien mir […] der richtige Weg, die schwierigen, manchmal sogar hypnotisierenden und schamanischen Qualitäten dieser Dichtung einer Zuhörerschaft zugänglich zu machen, die mit unserer ungewöhnlichen Sprache nicht vertraut ist.» Dennoch liegen den vier Sätze englische Übersetzungen zugrunde… Aufnahmetechnisch wurde der von Ian Bostridge gestaltete Gesangspart in den Vordergrund gerückt, was so manches Detail der Partitur verdeckt. Die Orchesterleistung ist hervorragend, allerdings könnte ich mir auch eine weniger stark kontrollierte Interpretation gut vorstellen.
Olli Mustonen. Sinfonie Nr. 3 «Taivaanvalot» (Heavenk Lights) (2020); Sinfonie Nr. 2 «Johannes Angelos» (2013)
Ian Bostridge (Tenor), Turku Philharmonic Orchestra, Olli Mustonen
Ondine ODE 1422-2 (2022/23)
- Dani Howard
- Olli Mustonen