Hinzu kommt die Programmatik, die sich in den beiden Sinfonien verbirgt. Doch auch wenn es sich nicht um ein Programm im eigentlichen Sinne, sondern eher um eine Inspirationsquelle handelt, legt Mustonen Spuren und gibt Hinweise, die sich nicht ohne weiteres nachvollziehen lassen. So in der Sinfonie Nr. 2 «Johannes Angelos» (2013), für die die Lektüre des gleichnamigen Romans des finnischen Schriftstellers Mika Waltari (1908–1979) aus dem Jahr 1952 den Anstoß gab. Doch ohne genauere Kenntnis des Inhalts der Vorlage (Konstantinopel 1453) bleiben auch die Satzüberschriften im Dunkeln. Übrig sind am Ende nur die unzweifelhaft musikalischen Anklänge. Olli Mustonen war sich dieser Problematik bei seiner Sinfonie Nr. 3 «Taivaanvalot» (2020), der Fragmente aus der Kalevala zugrunde liegen, durchaus bewusst,: «Eine Übertragung in Musik schien mir […] der richtige Weg, die schwierigen, manchmal sogar hypnotisierenden und schamanischen Qualitäten dieser Dichtung einer Zuhörerschaft zugänglich zu machen, die mit unserer ungewöhnlichen Sprache nicht vertraut ist.» Dabei liegen den vier Sätzen englische Übersetzungen zugrunde… Aufnahmetechnisch wurde der von Ian Bostridge gestaltete Gesangspart in den Vordergrund gerückt, was so manches Detail der Partitur verdeckt. Die Orchesterleistung ist hervorragend, allerdings könnte ich mir auch eine weniger stark kontrollierte Interpretation vorstellen.
Olli Mustonen. Sinfonie Nr. 3 «Taivaanvalot» (Heavenly Lights) (2020); Sinfonie Nr. 2 «Johannes Angelos» (2013)
Ian Bostridge (Tenor), Turku Philharmonic Orchestra, Olli Mustonen
Ondine ODE 1422-2 (2022/23)