Man darf sich bei dieser Verklärten Nacht nicht täuschen lassen. Die von Eduard Steuermann im Jahre 1932 angefertigte Transkription für Klaviertrio stammt nicht aus dem Umkreis des Vereins für musikalische Privataufführungen, sondern versucht das ursprünglich für Streichsextett komponierte Werk in eine viel geläufigere Besetzung zu übertragen, ja vielleicht sogar in die musikalisch anspruchsvolle «gute Stube» einziehen zu lassen. Bekanntlich wirkte Steuermann in der verantwortlichen Position des «Vortragsmeisters» im Verein mit und brachte auch andere Partituren Schönbergs in die Form des Klavierauszugs. Ob nun allerdings die hochemotional glühende Verklärte Nacht als Klaviertrio gelingen kann, ist nicht primär einer Frage der Bearbeitung, sondern der Interpretation. Dass das Klaviertrio keineswegs eine homogene Besetzung darstellt, vielmehr die beiden Streicher und das Klavier auch in klangliche Konkurrenz treten können, war schon Thema von gattungsästhetischen Diskussionen im 19. Jahrhundert. Wird aber ein in sich geschlossenes, homogenes Streichsextett im Trio nicht verfremdet?
Dabei stellt die Einspielung des 2013 gegründeten und bereits einmal auf der Position des Violoncellos umbesetzten «Hamburg Trios» nicht die erste derartige Aufnahme dar. Im Gegenteil finden sich wenigstens 16 weitere bequem greifbar – womit sowohl die Frage nach der Einbettung der Bearbeitung in das Repertoire wie auch nach dem interpretatorischen Zugriff in den Mittelpunkt rückt. Das «Hamburg Trio» wählte für den Kontext jedenfalls zwei Wege: die zeitgenössisch-stilistische Verbindung zu Alexander Zemlinsky und seinem Trio op. 3 (im Original übrigens mit Klarinette statt Violine), und in der Art des Ausdrucks zurück zu Schubert und dessen «Notturno» (D 897); auch wenn die Bezeichnung nicht original ist, so benennt sie doch bestens den Charakter des Stücks. Hinsichtlich der Umsetzung stellt sich mir allerdings die Frage einer möglicherweise grundsätzlichen Fehldeutung. Denn die Verklärte Nacht wird hier tatsächlich als quasi «originäres» Klaviertrio gespielt – nicht als die vorliegende verspätete Transkription, bei der stets die gesättigte Klangfülle des Sextetts mitgedacht wird und im Spiel mitschwingen sollte. Natürlich lassen sich in der gewählten Offenheit erstaunliche Momente hervorzaubern. Denke ich jedoch an die viele Jahre zurückliegende Interpretation des «Altenberg Trios» (Challange Classics), so kann auch die satztechnisch avancierte Bearbeitung überzeugen.
Arnold Schönberg. Verklärte Nacht op. 4 (1899), für Klaviertrio arr. von Eduard Steuermann; Alexander Zemlinsky. Klaviertrio d-Moll op. 3 (1896); Franz Schubert. Notturno Es-Dur D 897
Hamburg Trio
Genuin GEN 23812 (2021)