29. März 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Yaara Tal / 1923

Yaara Tal / 1923

Auch auf diesem Album ist kein «Tanz-Jazz» zu finden und zu hören. Vielmehr hat Yaara Tal bei ihrer Auswahl der Stücke auf eine möglichst internationale und umfangreiche Breite des Repertoires und der Stile gesetzt. Was vorgestellt wird, sind mit jedem Stück und jedem Werk Optionen einer sich neu formierenden Musikgeschichte. Nicht alles wurde dabei richtungweisend, nicht alles Wegweisende bewährt sich in diesem Kontext gleichermaßen. Vor allem der gelungene Blick nach Paris mit Kompositionen von Mompou, Tansman, Jaques-Dalcroze versetzt einen in eine ganz andere Atmosphäre: elegant, leicht tänzerisch, keinesfalls aufrührerisch. Eher

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La nuit transfigurée / Trio Karénine

La nuit transfigurée / Trio Karénine

Die Kunst der Interpretation einer Bearbeitung oder eines Arrangements liegt darin, das Original nur mitzudenken, es aber nicht zu imitieren, den nun veränderten Klangeigenschaften der Partitur nachzuspüren, sie von innen heraus zum Leuchten zu bringen, sie eigenständig zu deuten. All dies gelingt dem in Frankreich beheimateten «Trio Karénine» bei seiner Einspielung von Schönbergs glühend-leuchtender Verklärter Nacht geradezu beispielhaft, wenn nicht gar phänomenal. Denn die von Eduard Steuermann stammende Transkription für Klaviertrio, die satztechnisch eher reduziert und klärt als den verwobenen Satz ins Sinfonische weiter verdichtet, wird hier nicht als kammermusikalischer

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Verklärte Nacht / Hamburg Trio

Verklärte Nacht / Hamburg Trio

Man darf sich bei dieser Verklärten Nacht nicht täuschen lassen. Die von Eduard Steuermann im Jahre 1932 angefertigte Transkription für Klaviertrio stammt nicht aus dem Umkreis des Vereins für musikalische Privataufführungen, sondern versucht das ursprünglich für Streichsextett komponierte Werk in eine viel geläufigere Besetzung zu übertragen, ja vielleicht sogar in die musikalisch anspruchsvolle «gute Stube» einziehen zu lassen. Bekanntlich wirkte Steuermann in der verantwortlichen Position des «Vortragsmeisters» im Verein mit und brachte auch andere Partituren Schönbergs in die Form des Klavierauszugs. Ob nun allerdings die hochemotional glühende Verklärte Nacht als

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Gruppo Montebello

Gruppo Montebello

Schon lange sind jene Bearbeitungen kein Geheimtipp mehr, die zwischen 1918 und 1921 für die halböffentlichen Konzerte des von Arnold Schönberg gegründeten Vereins für musikalische Privataufführungen angefertigt wurden. Dort hatte man sich unter Ausschluss der meist lauthals aufschreienden Kritik zusammengefunden, um ohne ästhetische Polemik oder auch politische Ressentiments allein die Musik sprechen zu lassen. Die Regeln waren klar gesetzt: bestmögliche Interpretation durch gründliche Probenarbeit, inhaltlich engagierte Musiker:innen, wiederholte Aufführungen zum besseren Verständnis, das Verbot jeglicher Meinungsäußerungen. Gespielt wurden zunächst bis zu achthändige Klavierauszüge; bald kam indes die Erweiterung zum Kammerensemble,

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Fieber / Verklärte Nacht

Fieber / Verklärte Nacht

Man muss genau hinsehen – dann entpuppt sich in diesem Fall Schönbergs Verklärte Nacht nicht als Ausgangspunkt dieses fabelhaft konzipierten Albums, sondern bloß als notwendige Ergänzung. Schon zu Beginn traut man den eigenen Ohren kaum: ein als «Sinfonische Dichtung» bezeichneter Orchestergesang von Franz Lehár, der rein gar nichts von Operettenseligkeit spüren lässt, auch wenn dann doch noch ein Walzer einzieht und später sowohl der Radetzky- wie auch der Rákóczi-Marsch (als dessen ungarisches Pendant) ertönt. In der mit Fieber überschriebenen letzten Nummer aus dem fünfteiligen Zyklus Aus eiserner Zeit (1915) präsentiert

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Vienna 1900

Vienna 1900

Auch hier stimmt die als Motto gewählte Jahreszahl nicht ganz. Vielmehr ist mit «Wien 1900» eher ein «Wien um 1900» gemeint – also jene Zeit, in der sich die alte Donaumetropole längst in eine Stadt mit mondänem Ring und historisierendem Rathaus gewandelt hatte (die heutige breite Einbahn-Autoschneise gibt so gut wie nichts mehr von der einstigen breitflächigen Anlage wieder). Von den ausgefahren Bahnen der Musik setzten sich Schönberg und sein Kreis schon in den ersten Jahren des neuen Säkulums ab, auch wenn man heute viel stärker ihre Nähe zu den

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Vienna 1905–1910

Vienna 1905–1910

Nach der Jahrhundertwende war Wien mehr als nur die altgediente Metropole einer sich ihrem Ende nähernden Doppelmonarchie. Sie war vor allem ein Hotspot der Kultur – ein Schmelztiegel vieler Nationen und Entwicklungen, in dem gleichermaßen konservative Kräfte wirkten wie auch eine sich neu formierende und orientierende Avantgarde in Musik, Kunst, Drama und Literatur. Der Aufbruch in das 20. Jahrhundert konnte kaum vielfältiger sein, und doch wird er musikalisch bis heute vor allem durch die Protagonisten der «Zweiten Wiener Schule» repräsentiert. So auch auf diesem Album mit je einer herausragenden Komposition

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Debussy / Schönberg

Debussy / Schönberg

Der Ring wurde schon mehrfach sinfonisch mit großem Erfolg gedeutet. Nun ist Claude Debussys Oper Pelléas et Mélisande an der Reihe. Nicht dass es bisher an anderen großformatigen Orchesterpartituren des französischen Impressionisten gefehlt hätte. Doch warum nicht den Blick auf die vollkommen durchgearbeitete Komposition mit all ihren Farben, Linien und Harmonien lenken – ganz «ohne Worte»? Tatsächlich ist es Jonathan Nott gelungen, aus den fünf Akten eine in sich stimmige, flüssig fortschreitende sinfonische Erzählung mit einer Spielzeit von ca. 47 Minuten zu formen, bei der auch viele Details sichtbar und

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