29. März 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Elisabetta Brusa

Elisabetta Brusa
Elisabetta Brusa

Bereits mit einem vierten Album portraitiert das Label Naxos Orchestermusik der italienisch-britischen Komponistin Elisabetta Brusa (*1954). Dass man ihrem Namen bisher eher am Rande begegnet ist, mag an den Rahmenbedingungen des Musiklebens liegen. Zum einen begann Brusa zwar in jungen Jahren mit der Komposition, professionalisierte sich aber erst in den 1980er Jahren nach Studien bei Bruno Bettinelli, Peter Maxwell Davies und Hans Keller. Stilistisch knüpft sie eher an tonale Traditionen an und folgt einer narrativen Gestik. Doch auch der Schaffensprozess scheint dem Werk im Weg zu stehen: Die auf diesem Album immerhin knapp 40 Minuten Spielzeit umfassende Sinfonie Nr. 2 von 2000/10 wurde erst Jahre später instrumentiert und 2019 uraufgeführt (die vorliegende Einspielung dokumentiert die Einstudierung). Und vielleicht hätte ein wenig mehr Offenheit im Booklet der eigenen Sache mehr geholfen: Denn Elisabetta Brusa bekennt, dass sie grundsätzlich am Klavier komponiert, dabei nur ein Particell erstellt und in die von einem Kopisten bzw. Notensetzer erstellte vorläufige Partitur nur weitere Hinweise zur Instrumentation einträgt.

Befremdlich mutet an, dass sich die Opus-Zahl der Sinfonie weder auf dem Backcover noch im Booklet findet, sondern nur auf der Homepage der Komponistin, die dort allerdings als Jahr der Instrumentation 2015 (und nicht 2017) nennt und zudem 49 Minuten Spielzeit veranschlagt. In der viersätzigen Anlage folgt Elisabetta Brusa unaufgeregt dem klassisch-romantischen Vorbild; in Erinnerung bleiben die im Kopfsatz mehrfach auftretenden Fanfaren mit den sie begleitenden akkordischen Schlägen, im Finale aber die herabstürzenden Oktaven, die einen unweigerlich an Beethovens Neunte erinnern – ein Referenzwerk, das hier allerdings wenigstens eine Nummer zu groß gewählt wurde. Das im tragischen Ton gehaltene, mitunter saftige Simply Largo (2007) reiht sich mit seinen überraschenden Wagner-Allusionen in das große Repertoire für Streichorchester ein. – Das Ulster Orchestra und Daniele Rustioni haben die Partituren am Tag der Produktion nicht nur professionell zum Klingen gebracht, sondern engagieren sich auch hörbar. Obwohl ästhetisch in der Vergangenheit statt der Gegenwart verhaftet, könnte das Simply Largo möglicherweise einen zweiten Blick wert sein.

Elisabetta Brusa. Orchestral Works. Vol. 4
Sinfonie Nr. 2 op. 22 (2000–2010/2017); Simply Largo op. 21 (2007)
Ulster Orchestra, Daniele Rustioni

Naxos 8.574263 (2019)

 

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