Er war ein Star in seiner Zeit. Spät zur Komposition gekommen (sein Vater stand der Prager Müllergilde vor), übersprang Josef Mysliveček (1737–1781) nach seinem eigenen Meisterbrief gleich einige Entwicklungs- und Karrierestufen, um im Alter von 30 Jahren mit einer ersten Opern-Partituren in Italien zu punkten. Die folgenden knapp 14 Jahren sind zunächst voller Ruhm und Ehre, doch konnte er die Gunst des Publikums nicht halten – vielleicht auch, weil Mysliveček kränkelte und sich von gesellschaftlichen Verpflichtungen fern hielt. Wieder ein Opfer der leeren und falschen Konventionen möchte man ausrufen! Leopold und Wolfgang Mozart schlossen mit ihm Freundschaft, doch zumindest der Vater kündigte diese auf, als die für den Sohn zugesagte Vermittlung eines Auftrags aus Neapel nicht eingelöst werden konnte. Angesichts der zahlreichen Ränkespiele an solchen Häusern wird aber Mysliveček wohl kaum ein Vorwurf zu machen sein – ganz im Gegensatz zu dem kalkulierenden Leopold. Der junge Wolferl hat allerdings bei Mysliveček genau hingehört, so klar ist vieles bei den Salzburger Violinkonzerten angelehnt.
Myslivečeks Kompositionen nun aber bloß als «Vorläufer» abzutun, trifft die Sache keineswegs. Denn sie sind hochqualitativ und repräsentieren die musikalische Sprache der 1770er auf herausragendem Niveau. Das zeigt auch Prager «Collegium 1704» bei dieser Produktion auf nachdrückliche Weise – sowohl in der hier erstmals eingespielten Sinfonie Es-Dur und der Ouvertüre A-Dur (in Florenz komponiert, in London gedruckt) wie auch als sehr aktiv «mitspielende» Begleiter in gleich drei Violinkonzerten (D-Dur, E-Dur und A-Dur). Das Ensemble verbleibt keineswegs als bloße Sekundant im Hintergrund, sondern steht wo nötig (also auch: wo komponiert) dem Solopart klanglich zur Seite. Diesen wiederum gestaltet Leila Schayegh bezaubernd wie brillant mit fließender Kantabilität und selbstverständlicher Virtuosität. Sie trifft den dann auch von Mozart bekannten opernhaften Gestus der Kompositionen, entreißt sie dem Vergessen. Ein erstaunliches Album, das zeigt, wie groß Musik aus der Zeit vor der Wiener Klassik sein kann.
Josef Mysliveček: Violinkonzerte
- Violinkonzert D-Dur;
- Sinfonia Es-Dur;
- Violinkonzert Es-Dur;
- Ouverture No. 2 A-Dur;
- Violinkonzert A-Dur
Leila Schayegh (Violine), Collegium 1704, Václav Luks
Accent ACC 24336 (2017)