Aber wie geht denn das denn. Phonola gestanzt und Saxophon Improvisationen darüber. Da gibt es die Bezüge zurück in die Welt Conlon Nancarrows, der seinem Klavier über die programmierten Rollen Klänge und Spielstrukturen abverlangte, die bisher wohl niemand so wagte. Gut, das ist eben programmiert. Da ist Null Luft für Interventionen. Mit der Phonola ist das ein bisschen anders. Die wird vor die Tastatur gesetzt und der Musiker hat immer noch gewisse Möglichkeiten der Einflussnahme. Tempo, Pedal. Das hört man!
Mit dem Altsaxophonisten Jan Klare kommt man so ins Gespräch. Ins Abgesprochene irgendwie. Aber klar, am Ende steht ja auch eine CD wie diese da ist alles für die halbe Ewigkeit festgelegt.
Also viel Vorarbeit nötig, wie geht man die Einzelstücke dann man am besten ablauftechnisch an. Nötig die Imagination des Ergebnisses, damit der Ablauf von vorne wieder stimmt. Und das geht jetzt bei den beiden verdammt gut über die Bühne. Nicht nur bei den Studies for Player Piano, die die CD eröffnen, sondern insbesondere dann bei Titel 3 „Prinzenrolle“. Besonders das öffnende Stück „Study for Player Piano #11“ ist in seiner rhythmischen Overgroovigkeit prädestiniert, sich in durchgepresstem Irrwitztempo freizuschwingen. Und dabei ist das im Kern Conlon Nancarrow und der bezieht sich hier technisch auf die Technik isorhytmischer Motetten.
Bluesmechanik bei den Studies kippt durch das beseelte Saxophonspiel in Expression um. „Doppelrolle“ ist ein kritischer Kampf im Obertongewölle des Saxophons. Ehe so 19. Jahrhundert in den Oktaven des Klaviers kommt – oben mit getasteten Obertönen. Klingt faszinierend. Ebenso wie „13865 Nuclear Weapons“ als Schlussstück, das die komplette Leistungsfähigkeit einer Phonola exzessiv und unerhört auskostet. Ganz ohne Saxophon.
Heisig / Klare
Jan Klare – altsaxophon, Wolfgang Heisig – phonolaUmland Records 29
recorded at black box, Münster on september 29, 2019 by Serge Corteyn. Mixed and mastered by Serge Corteyn.