16. Oktober 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Trio ELF: Fram (2021)

Nach wenigen Sekunden ist es schon wieder da: das Trio-ELF-Gefühl. Das Gefühl, dass wir es mit einer Musik zu tun haben, für die die Kategorie Jazz nur noch eine Hilfsbezeichnung ist. „Fram“, das Titel- und Auftaktstück der neuen Scheibe, ballert uns seinen motorischen Beat nach anfänglichem rhythmischen Vexierspiel derart gnadenlos um die Ohren, dass es eine wahre Freude ist. Ein repetiertes „b“ läuft hypnotisch im Klavier durch. Keine Zeit zum Atemholen.

Trio ELF: Fram (2021)

Seit über 15 Jahren kultivieren Drummer Gerwin Eisenhauer und Pianist Walter Lang mit wechselnden Bassisten nun schon diesen unverwechselbaren Sound, der das altehrwürdige Jazz-Klaviertrio mit Rock, Pop und Drum ’n’ Bass verschwistert. Und noch immer zündet die Kombination aus Eisenhauers aberwitzigem Snareteppich-Knüpfen und Langs die Jazzharmonik konsequent vermeidender Motiv- und Melodiefantasie.

Nach wie vor wichtig sind dabei die Irritationsmomente: In „I wonder“ wird die verschleppt-versonnene Balladenstimmung von der leicht schneidenden Klaviersoundverfremdung unterlaufen. In „Little Brother“ köchelt die über einem Motivpendel sich ausdehnende Melodielinie auf einem von Eisenhauer angeheizten Unruheherd. Auch in der „Meditation in Fmi“ ist das Schlagzeug der Infragesteller, während Sebastian Giecks Bass als geschmeidiger Melodiespender fungiert. Und in „Not What“ spielt sich ein unvorhersehbares Stop and go im Unisono des Trios ab, bevor der Beat sich zwischenzeitlich etwas verflüssigt.

Manche Struktur- oder Soundelemente kommen einem bekannt vor: Das Pianowerkzeug von „Addicted“ ist jenes, das auch in „Hammer Baby Hammer“ von der 2010er-Platte „Elfland“ am Werk ist; „An Ode to Bach“ erinnert zunächst an das inventionsartige Intro zu „Salutation to the sun“ auf „MusicBoxMusic“ (2016), um dann aber eine andere Richtung einzuschlagen, bei der der Vorwärtstrieb – ein weiteres Markenzeichen – immer wieder überraschend unterbrochen wird.

Wie man sich überhaupt niemals zu sicher fühlen sollte bei dieser Formation. Denn wenn es sich das Klavier mal in einer Melodieschleife allzu gemütlich eingerichtet zu haben scheint, beginnt garantiert das Schlagzeug besonders ungemütlich zu raspeln.

Immer gerne.

Trio ELF: Fram (2021)
Personnel: Walter Lang – Piano SFX; Sebastian Gieck – double bass; Gerwin Eisenhauer – Drums

Enja & Yellowbird Records enja 97912
Website http://trioelf.de/

Vorab-Singleauskopplung I Wonder

 

 

Autor

  • Juan Martin Koch

    Juan Martin Koch ist promovierter Musikwissenschaftler und arbeitet seit 2000 für die ConBrio Verlagsgesellschaft. Dort ist er u.a. Lektor des Buchprogramms und Chefredakteur der neuen musikzeitung. Darüber hinaus ist er als Musikjournalist für Tageszeitungen aktiv und ist Juror im Preis der deutschen Schallplattenkritik.

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