29. März 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Ludwig van Beethoven: Leonore (1805) – René Jacobs, Freiburger Barockorchester …

Ludwig van Beethoven: Leonore (1805) – René Jacobs, Freiburger Barockorchester …
Ludwig van Beethoven: Leonore (1805) – René Jacobs

René Jacobs ist immer für eine wohlbegründete Überraschung gut, und so haben er und sein Label Harmonia Mundi schon vor Beginn des Jubeljahres ein beachtliches Beethoven-Ass aus dem Ärmel gezogen: Eine Einspielung der „Leonore“ von 1805, der ersten Fassung jener Oper also, die Beethoven zunächst vier Monate nach der wenig erfolgreichen Uraufführung in einer gekürzten Version und schließlich 1814 als „Fidelio“ gänzlich umgearbeitet vorlegte.

Jacobs betrachtet seine Aufnahme nicht als Ausgrabung einer Rarität für Spezialisten. Vielmehr ist für ihn – das begründet er im Text zu der schön in Buchform ausgestatteten Edition – die erste „Leonore“ die beste Fassung der Oper. Man muss ihm dabei nicht in allen Punkten folgen, so sind bei einigen in „Fidelio“ übernommenen Nummern die späteren Versionen durchaus als die überzeugenderen anzusehen. In einem Punkt kann man ihm aber sicher recht geben: Die ursprüngliche dreiaktige Struktur und hierbei vor allem die finale Auflösung ist dramaturgisch zwingender als im „Fidelio“.

Wofür Jacobs und sein makelloses Ensemble (an der Spitze die überragende Marlis Peterson in der Titelpartie) die Ohren vor allem öffnen, ist die Nähe zu Mozarts Singspiel-Tonfall, wie sie unter anderem in dem wunderbaren, später weggefallenen Duett Leonore-Marzelline „Um in der Ehe froh zu leben“ mit Solovioline und -cello zur Geltung kommt.

Das beseelte, im entscheidenden Moment aber auch forsch zupackende Spiel des Freiburger Barockorchesters sorgt zusammen mit einigen akustischen Effekten für ein packendes Hörtheater. Die mitunter etwas bemühte Aktualisierung der gesprochenen Texte („prima!“) hätte es da gar nicht gebraucht.

Nach einer guten „Ur-Leonore“ unter Herbert Blomstedt (John Eliot Gardiner greift stellenweise auch auf die Fassungen von 1806 und 1814 zurück) gibt es nunmehr also auch eine herausragende. O namenlose Freude!


Ludwig van Beethoven: Leonore (1805)
Marlis Petersen (Leonore), Maximilian Schmitt (Florestan), Dimitry Ivashchenko (Rocco), Johannes Weisser (Pizarro), Robin Johannsen (Marzelline), Johannes Chum (Jaqino), Tareq Nazmi (Don Fernando), Florian Feth, Julian Popken (Zwei Gefangene); Freiburger Barockorchester, Zürcher Sing-Akademie, Leitung: René Jacobs.

Harmonia Mundi HMM90241415

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