Ob Ferdinand Ries auch diese Bearbeitung angefertigt hat? Jedenfalls ist das 1832 bei Simrock in Bonn anonym erschienene Arrangement der berühmten Kreutzer-Sonate op. 47 (im Original für Violine und Klavier) bedeutsam und mehr noch: höchst interessant und originell. Das betrifft schon die ungewöhnliche Besetzung mit zwei Violoncelli (im Gegensatz zur Wiener Besetzung mit zwei Bratschen), die bis dahin nur bei Luigi Boccherini und George Onslow zu finden war; Franz Schuberts spätes, heute als Repertoirestück gängiges Streichquintett blieb bis 1853 ungedruckt und weitgehend unbekannt.
So einfach es ist, aus einer Partitur einen Klavierauszug zu erstellen, so schwierig ist es, eine Klavierstimme auf andere Instrumente zu übertragen. Beethoven hat das in der Klaviersonate E-Dur op. 14/1 geradezu müstergültig vorgemacht; in dieser Quintettbearbeitung der Kreutzer-Sonate ist es nicht minder gelungen – denn sie klingt satztechnisch «wie gemacht», auch weil Violine und Violoncello rasch in den Dialog treten. So kompakt die Faktur, so angenehm geschlossen ist auch der Klang des erweiterten Quatuor Zaïde, das frisch und ungezwungen an den Notentext herangeht und ihn technisch perfekt und mit tief empfundener Emphase zum Leben erweckt. Man hat sogar den Eindruck, dass die Charaktere der Themen und Entwicklungen erst in dieser Besetzung so richtig zur Geltung kommen. Ähnliches gilt für die nachfolgende Einspielung des Streichquartetts D-Dur op. 18/3, das mit wunderbarer musikalischer Logik interpretiert wird. Die Aufnahmetechnik hat das Ensemble hervorragend in Szene gesetzt. So sollte Kammermusik klingen.
Ludwig van Beethoven. Sonate für Violine und Klavier A-Dur op. 47 «Kreutzer» (arr. für Streichquintett); Streichquartett D-Dur op. 18/3
Quatuor Zaïde, Bruno Delepelaier (Violoncello)
NoMadMusic NMM 079 (2019)