Mathias Rüegg – The Advantage of Writing Music
Der Leiermann bettelt nicht mehr … Das alles hat seinen Charme und seine eigene Qualität. Vielleicht sind es sogar schon Denkmäler der Tonkunst des musikalischen Eigensinns. …
WeiterlesenZeitliche Eingrenzung: 1950–1990.
Der Leiermann bettelt nicht mehr … Das alles hat seinen Charme und seine eigene Qualität. Vielleicht sind es sogar schon Denkmäler der Tonkunst des musikalischen Eigensinns. …
WeiterlesenEin Album, das die ästhetische Zerrissenheit des 20. Jahrhunderts ganz unprätentiös vierhändig auf einem oder zwei Flügeln dokumentiert. Denn wo einst andernorts radikale Avantgardismen proklamiert wurden, gab es (zumal in Großbritannien) Komponisten, die die Brücken in die Vergangenheit nicht einrissen, sondern über diese mit gutem Gepäck und sehenden Auges in die Zukunft gingen. Dass etwa Lennox Berkeley (1903–1989) noch 1954 eine Sonatina in Es-Dur komponierte, mag ebenso erstaunen wie die Selbstverständlichkeit, mit der er seine angeblichen, vermeintlichen oder auch nur sehr eigenwillig gesetzten «seriellen» Variationen über ein eigenes Thema (1968)
WeiterlesenNach dem Debüt-Album mit Werken von Josef Bohuslav Foerster, Leoš Janačék und Pavel Haas sowie einer international hoch gelobten Produktion mit Kompositionen von Anton Reicha legt das Prager Belfiato Quintet nun eine weitere CD vor, auf der Bekanntes und Unbekanntes eine wunderbare Melange eingehen – oder: Standardpartituren für Bläserquintett mit eher selten zu hörenden kombiniert werden. Zu diesen Raritäten zählt etwa das Quintetto op. 13 (1964) von Arvo Pärt mit drei sehr knapp gefassten Sätzen in undogmatischer Dodekaphonie und einer geradezu lapidaren, ironisch abschließenden Schlusskadenz. Doch auch die an sich
WeiterlesenBei diesem Album hat es tatsächlich ein altes Werbeplakat von British Rail aus dem Jahre 1970 aufs Cover geschafft. Damals hieß es voller Stolz «Now Only Six Hours Away by Inter-City». Angezeigt werden soll damit wohl, wie breit und über alle Landesteile hinweg die Werkzusammenstellung erfolgte, die wahrlich keinen «Hit» parat hat, sondern auf die Vielfalt des Repertoires und der jeweils individuellen musikalischen Sprachen setzt – zumal alle Werke hier in Ersteinspielung vorliegen (was man angesichts der sehr unterhaltsamen und an Farben reichen Partituren kaum glauben möchte). Ist also der
WeiterlesenIn diesem Fall täuscht der Name des Ensembles. Denn das dänische Carl Nielsen Quintet hat auf dem Album nicht etwa das eine phänomenale Werk des Namenspatrons aufgenommen, sondern fünf Kompositionen des jungen Niels Viggo Bentzon (1919–2000) – und davon gleich vier Partituren in Ersteinspielung. Zu Gehör kommt damit einer der produktivsten und im Verhältnis dazu: unbekanntesten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Nahezu 1000 Kompositionen zählt das Werkverzeichnis von Bentzon. Die fünf Nummern für Holzbläserquintett stammen aus der ersten Zeit zwischen 1943 (op. 21) und 1958 (op. 116) und zeigen deutlich seine
WeiterlesenDenkt man an das Holzbläserquintett, kommen einem bald die repertoirebildenden Werke von Anton Reicha und Franz Danzi in den Sinn. Auch wenn die an Klangfarben so reiche Besetzung aus Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott nach diesem furiosen Start im frühen 19. Jahrhundert alsbald als Gattung stagnierte, ist sie seit den 1920er Jahren umso lebendiger. Beigetragen haben dazu zunächst herausragende Einzelkompositionen ganz unterschiedlicher Couleur (Hindemith, Schönberg, Carl Nielsen), seit einigen Jahren sind aber wieder neue junge Ensembles «am Start» – und mit ihnen geht es geradewegs auf Entdeckungstour durch den
WeiterlesenJe südlicher man sich auf den amerikanischen Doppelkontinent denkt, desto größer wird die Sehnsucht. Patagonien steht für weite Landschaften und fast unendlich scheinende Wegstrecken hin zu schroffen Gipfeln, mächtigen Abbruchkanten und Eisbergen, die Pinguine nicht zu vergessen. Und man erinnert sich an den Old Patagonian Express von Paul Theroux (1979), der den Autor bis ins (vergleichsweise) nördliche Esquel führte – ein Reiseroman wie aus einer anderen Zeit. So melancholisch wie die Musik von Astor Piazzolla. Und damit spricht dieses Album vielleicht eher die individuellen Vorstellungen, Erinnerungen und Träume jedes Einzelnen
WeiterlesenReisetagebücher sind immer eine interessante Lektüre. Sie berichten über unerwartete Begegnungen, manchmal über böse Überraschungen, in der Regel aber auch über Dinge des Alltags, die sonst kaum einmal im Fokus stehen. Diese Umstände machen daher noch heute die Briefe von Wolfgang Amadeus Mozart an seinen Vater (aus München, Mannheim, Paris) besonders lesenswert – während in der Gegenwart wohl kaum noch jemand etwas festhält, da ja auch die mehr bildlichen «Statusmeldungen» nach 24 Stunden wieder gelöscht werden. Wie aber ein tönendes Tagebuch des Reisens aufzeichnen und festhalten? Das Münchner Goldmund Quartett
WeiterlesenHier darf man sich getrost aussuchen, ob man im Lauf der Jahre den Anschluss verpasst oder das Personal Verspätung aus der vorherigen Fahrt hat. Ja, auch das musikalische Reisen ist nach wie vor ein Abenteuer. Und wer sein Album Time Travel nennt, muss sich am letzten neuzeitlichen Abenteuer messen lassen. Ich muss aber leider gestehen: Diese Produktion lässt mich kalt wie der tiefste Winter. Die Idee, Musik von Purcell und den Beatles zu verbinden und mitunter klanglich neu zu deuten, hat zwar einen gewissen Reiz – und wer genau hinhört,
WeiterlesenHier ist schon das Cover ein echter Hingucker. Dabei ist der Messerschmitt Kabinenroller KR 200 keineswegs bloß ein historisches Modell: Er wird neuerdings wieder gebaut und ist auch mit einem E-Antrieb zu haben. Etwas für Liebhaber der späten 1950er Jahre, die mit wenig Gepäck unterwegs sind und auch einmal die Haube für den Umbau zum Cabrio abnehmen wollen. Was das schöne und farblich stimmige Artwork allerdings mit den eingespielten Nonetten zu tun hat, bleibt ein Rätsel… Musikalisch liegt der Charme zweifelsohne in der Werk-Auswahl; fast kann man schon von Raritäten
WeiterlesenJohn Williams gehört fraglos zu jenen Komponisten, von denen nur ein Teil des gesamten Schaffens bekannt ist. Fast ergeht es ihm so wie einst Carl Czerny – der erst am Ende seines Lebens erschrocken bemerkte, dass ihn alle Welt nur wegen seiner Etüden kennen würde; seine Sinfonien und Streichquartette (missing links aus dem 19. Jahrhundert) blieben ungedruckt liegen und werden erst jetzt wiederentdeckt. Bei Williams steht die Sache etwas anders. Wikipedia verzeichnet einen Katalog von konzertanten Werken (allein zwölf veritable «Concerts»), während man allerlei Hymnen und Fanfaren als Gelegenheitsarbeiten einstufen
WeiterlesenSo leicht man sich heute tut mit nationalen Identitäten, die im 19. Jahrhundert gewachsen sind und in staatliche Strukturen mündeten, so schwer fällt dies für viele Kulturen im östlichen Europa, die durch das russische Zarenreich und danach nochmals im Stalinismus unterdrückt wurden. Erst die unverhoffte späte Selbstbestimmung seit den 1990er Jahren führte zum Anknüpfen an ältere Traditionen und damit auch zur Suche nach dem eigenen Erbe und eigenen Ausdrucksmöglichkeiten. Dass diese Suche nicht erst seit Februar 2022 bedroht wird, zeigt sich aktuell am breiten Strom des Dnipro, aber auch in
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