18. Januar 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Hans Werner Henze / Mozarteumorchester

Hans Werner Henze / Mozarteumorchester

Es sind wirklich aufregende Henze-Raritäten vom Rande, die hier entdeckt werden können. Was freilich überrascht, denn die eine oder andere großbesetzte Partitur wurde noch immer nicht eingespielt, von nochmals anderen Werken (etwa den Streichquartetten) sind ältere Aufnahmen nicht (mehr) verfügbar, weil längst vergriffen oder im Streaming unzugänglich. Was von diesem «grünen» Album des Mozarteumorchesters also bleibt, ist einmal mehr der Charme des «Neuen». Wer aber von Henze, seiner engagierten Musik und politischen Ästhetik nicht viel oder noch nichts weiter gehört hat, könnte auf eine trügerische Fährte geführt werden: Jugendwerke und

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #127 – Greeen Music
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Il Ponte di Leonardo / Constantinople

Il Ponte di Leonardo / Constantinople

Hier sollen Brücken gebaut werden. Das Kuriose daran: das im Jahre 1502 von Leonardo da Vinci entworfene Bauwerk, auf das man sich bezieht, wurde nie errichtet. Mehr noch: Es sollte nicht einmal Orient und Okzident über den Bosporus verbinden, sondern nur die Ufer einer Bucht am Goldenen Horn. Man stelle sich vor, Sultan Bayezid II. hätte das ehrgeiziges Vorhaben verwirklicht: eine 43 Meter hohe freitragende Konstruktion. So etwas wurde erst Jahrhunderte später (wieder) gebaut; eine Miniaturausgabe wurde immerhin als Fußgängerbrücke in Südnorwegen realisiert. Aber wenn schon die Brücke als Symbol

Teil 2 von 4 in Michael Kubes HörBar #127 – Greeen Music
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Bruckner 9 / Jakub Hruša

Bruckner 9 / Jakub Hruša

«Was seine Zehnte […] sagen sollte, das werden wir so wenig erfahren wie bei Beethoven und Bruckner. Es scheint, die Neunte ist eine Grenze. Wer darüber hinaus will, muss fort. Es sieht aus, als ob uns in der Zehnten etwas gesagt werden könnte, was wir nicht wissen sollen, wofür wir noch nicht reif sind. Die eine Neunte geschrieben haben, standen dem Jenseits zu nahe.» – Schöne, beeindruckende Worte von Arnold Schönberg bei seiner Gedenkrede vom 25. März 1912 in auf den gerade verstorbenen Gustav Mahler. Und doch lohnt es sich,

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #126 – Bruckner 200
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Bruckner 7 / Markus Poschner

Bruckner 7 / Markus Poschner

Nach nur sieben Jahren hat Markus Poschner das Ziel erreicht: Mit gleich zwei Orchestern wurden nicht nur Bruckners insgesamt 11 Sinfonien eingespielt (einschließlich der Studiensinfonie f-Moll und der «Nullten»), sondern auch alle in der Neuen Bruckner-Ausgabe edierten Fassungen. So sind es dann in der zusammenfassenden Box 18 CDs geworden. Zu den letzten Meilensteinen des Projekts gehört die Einspielung der Nr. 7 – einer Sinfonie, die (vergleichbar den Nummern 5 und 6) zwar Revisionen, aber keine größeren Fassungsprobleme aufweist. Diesmal ist es das ORF-Sinfonieorchester, mit dem Poschner die Partitur auf beeindruckende

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #126 – Bruckner 200
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Bruckner 4 / Pablo Heras-Casado

Bruckner 4 / Pablo Heras-Casado

Schon die ersten Takte dieser Einspielung von Bruckners Sinfonie Nr. 4 machen deutlich, warum sie ihren Beinamen «Romantische» trägt. Nur selten wurden bisher ältere Horninstrumente verwendet, und noch seltener die fragilen Quint- und Sext-Rufe des Anfangs nicht ausbalanciert. Hier ertönt ein Signal wie aus ferner Zeit – zaghaft, zerbrechlich und voller Poesie. Dass sich die so erzeugte Stimmung nicht auf die ganze Aufnahme überträgt, hat mehrere Gründe. Und sie liegen nicht allein im verwendeten Instrumentarium, das gerade in den zurückgenommenen Passagen für Transparenz sorgt; vielmehr ist es die Diskrepanz zwischen

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #126 – Bruckner 200
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Bruckner 1+2 / François-Xavier Roth

Bruckner 1+2 / François-Xavier Roth

Viel zu selten erklingen noch immer die Sinfonien Nr. 1 und Nr. 2 im Konzertsaal. Das liegt nicht nur an den in einer Saison zur Verfügung stehenden Plätzen (bei nicht minder großer Konkurrenz); vielmehr haben sich die höher gezählten Partituren im Repertoire der Orchester und in den Ohren des Auditoriums etabliert. Sie wirken in sich geschlossener (über Fassungsfragen lässt sich freilich trefflich diskutieren), die früheren Werke aber haben etwas ganz Eigenes, kühn Experimentelles, etwas brennend Suchendes, bezaubernd Unmittelbares und Unerhörtes, das sich so nicht mehr wiederholt. Die unerschütterliche Kraft dieser

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #126 – Bruckner 200
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Bruckner «Nullte» / Rémy Ballot

Bruckner «Nullte» / Rémy Ballot

Wenn es im Bereich der klassisch-romantischen Musik nur noch wenige wirkliche Ur- oder Erstaufführungen gibt, dann bastelt man sich eben welche. So wie mit diesem Album, zu dem der Musikmediziner Klaus Laczika als Executive Producer im Booklet eine eher als Grußwort angelegte Einleitung beisteuert. Zu hören ist Bruckners «Nullte», die durch ihn selbst «annullierte» Sinfonie d-Moll, eingespielt aus der neu erschienenen, von David N. Chapman im Rahmen der Neuen Gesamtausgabe herausgegebenen Neuausgabe: «Die Internationale Bruckner-Gesellschaft hat den Dirigenten Rémy Ballot und das Altomonte Orchester mit der Ehre der weltweiten Erstaufführung

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #126 – Bruckner 200
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Bruckner «Nullte» / Rémy Ballot

Wenn es im Bereich der klassisch-romantischen Musik nur noch wenige wirkliche Ur- oder Erstaufführungen gibt, dann bastelt man sich eben welche. So wie mit diesem Album, zu dem der Musikmediziner Klaus Laczika als Executive Producer im Booklet eine eher als Grußwort angelegte Einleitung beisteuert. Zu hören ist Bruckners «Nullte», die durch ihn selbst «annullierte» Sinfonie d-Moll, eingespielt aus der neu erschienenen, von David N. Chapman im Rahmen der Neuen Gesamtausgabe herausgegebenen Neuausgabe: «Die Internationale Bruckner-Gesellschaft hat den Dirigenten Rémy Ballot und das Altomonte Orchester mit der Ehre der weltweiten Erstaufführung

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Santoro / Goiás Philharmonic Orchesta

Santoro / Goiás Philharmonic Orchesta

Wer eine Sinfonie mit einem ernsten Streicherfugato beginnt, hat eine doppelte musikhistorische Verpflichtung. Das scheint auch Cláudio Santoro (1919-1989) gespürt zu haben. Zwar geht er gegenüber Schostakowitsch (Sinfonie Nr. 5) ebenso eigene Wege wie dieser gegenüber Beethoven (op. 131). Und doch ist Santoros eigene 5. Sinfonie (1955) bei weitem nicht so gewichtig wie seine Sinfonie Nr. 7 (1959/60), die (soweit sich das rekonstruieren lässt) ein merkwürdiges Schicksal hatte. Denn ihr wurde zwar der 1. Preis bei einem nationalen Wettbewerb anlässlich der Feierlichkeiten zur Einweihung der mitten auf einem Hochplateu mitten

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #125 – Brasilien
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Profesión / Sean Shibe

Profesión / Sean Shibe

Die grüne Kathedrale auf dem Cover trifft das eingespielte Repertoire nur zur Hälfte. Und doch ist es eine schöne Idee, eines der bekanntesten Werke von Agustin Barrios Mangoré (1885–1944) auf diese Weise mit der bedrohten grünen Lunge des südamerikanischen Kontinents in Verbindung zu bringen. Aus Brasilien stammt natürlich Heitor Villa-Lobos (1887–1959), der eine ganz besondere Vorliebe für die Musik Johann Sebastian Bachs und deren Melodik und Harmonik hegte. Von ihm stammen die 12 Études aus dem Jahre 1928 – und die erste erinnert nicht zufällig an Bachs Präludium c-Moll BWV

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #125 – Brasilien
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Soul of Brazil / Delgani String Quartet

Soul of Brazil / Delgani String Quartet

Wenn schon von der Seele Brasiliens die Rede ist, dann stellt sich auch die Frage, mit welchen Topoi die brasilianische Musik eigentlich verbunden ist – vor allem die so genannte «klassische Musik». Jedenfalls kann einem dieser Gedanke beim Hören des Albums durch die grauen Windungen gehen. Denn im Streichquartett Nr. 6 (1938) von Heitor Villa-Lobos (1887–1959) klingen auch die Traditionen der Gattung nach, ebenso wie im Personalstil die in Paris verbrachten Jahre. Doch was ist an Cair da tarde (aus: Floresta do Amazonas, 1958) wirklich brasilianisch? Ist es nicht vielmehr

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #125 – Brasilien
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Amazonia / Simone Menezes

Amazonia / Simone Menezes

Der Urwald. Unendliches Grün. So scheint es jedenfalls (noch). Nun ist die Hörbar nicht der Ort, um über tropische Edelhölzer und für Weidevieh sinnlos gerodete Flächen zu sinnieren. Wohl aber über Produktionen und Alben, die sich die Sorge um diese Natur, ihre Vielfalt und die vielfach unberührte Kultur indigener Stämme zunutze machen. Diese Sorge nämlich nährt das Album Amazonia – eine Produktion, die in Zusammenhang steht mit einer tourenden Show, bei der künstlerisch anspruchsvolle Fotographien eine Partitur von Heitor Villa-Lobos (1887–1959) illustrieren, oder die wahrlich sinfonische Partitur die Kraft der

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #125 – Brasilien
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