4. Juni 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Grete von Zieritz

Grete von Zieritz

Seit einigen Jahren stehen Komponistinnen und ihre Musik hoch im Kurs – auf Alben, im Konzertsaal, selbst bei Verlagen. Viele (Wieder-)Entdeckungen konnten gemacht werden, auch mediokre Partituren waren dabei (wie eigentlich immer, auch bei Komponisten). Ein großer Name tauchte bisher freilich kaum auf, auch nicht bei repräsentativen Konzertreihen oder innovativen Festivals: der von Grete von Zieritz (1899–2001). Aus Österreich stammend, fand sie bereits 1917 in Berlin ihre ideale Wirkungsstätte. Zwischen 1926 und 1931 besuchte sie die Meisterklasse von Franz Schreker, der damals ehrlich (aber für uns unbeholfen in der Wortwahl)

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #140 – :innen
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Britta Byström

Britta Byström

«Achte auf die Titel. Britta Byström schreibt zwar keine Programmmusik, aber die Titel sind eine Art Eingang mit nur angelehnten Türen» (Tony Lundman). Nur selten einmal findet man ein derart plastisches Bild, sich den Zugang zu einer noch unbekannten Musik zu öffnen. Und tatsächlich sind es meist ihre poetischen Werktitel, mit denen die schwedische Komponistin Britta Byström (geb. 1977) eine Idee, vielleicht gar einen Fingerzeig gibt. Dabei spricht ihre Musik selbst, freilich mit einer hohen instrumentalen Tessitura. Sie scheint über Strecken im Wind zu wehen, kommt vielfach ohne Grundierung aus,

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #140 – :innen
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:innen / Sophie-Justine Herr

:innen / Sophie-Justine Herr

Der Titel ist «sprachaktuell» – und wählt die graphisch wohl mit Abstand adäquateste Form, zumindest eines der beiden Geschlechter (aber auch nicht mehr) grammatikalisch politisch korrekt zu schreiben (ein Großbuchstabe oder der zweckentfremdete Asterisk stören mich im Lesefluss). So sensibilisiert, muss sich das Album freilich auch Fragen gefallen lassen, wenn es inkonsequent wird. So ist im Booklet an einer Stelle von «weiblichen Komponierenden» die Rede (was mir zu hier abstrakt erscheint), verbunden mit der mir nicht ganz einleuchtenden Frage, warum es (jetzt ausführlicher zitiert) «im Bereich der Klassischen Musik noch

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #140 – :innen
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Pierre Boulez / Arnold Schönberg

Pierre Boulez / Arnold Schönberg

Wenn es schon zu einem 150. Geburtstag keine aktuelle Gesamteinspielung gibt, dann werden eben die Altbestände befragt. So heuer bei Arnold Schönberg – und damit in deutlicher diskographischer Abgrenzung zu Mozart, Beethoven sowie (überraschenderweise) Strawinsky. Auch das Label Sony lebt von der Erbschaft oder dem Ankauf alter Archive und legendärer Aufnahmen, in diesem Fall der Einspielungen aus den 1970er und 1980er Jahren bei der Columbia unter der Leitung von Pierre Boulez. Diese Aufnahmen prägten vermutlich eine ganze Generation – mich eingeschlossen. Präzise, nüchtern, analytisch, pointiert, aber auch mit einer gewissen

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #139 – Schönberg 150
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Rafael Payare / Pelleas und Melisande

Rafael Payare / Pelleas und Melisande

Dieses Album passt in dieses Jubeljahr, in dem kaum ernsthaft gejubelt wurde. Denn sowohl mit der Verklärten Nacht op. 4 (in der späteren Fassung für Streichorchester) als auch mit Pelléas und Mélisande op. 5 – beides sinfonische Dichtungen in hochromantischer Tonsprache – ist man auf der sicheren Seite der Musikgeschichte und des breiten Musikgeschmacks. Aufnahmen wie diese lassen beim Hörer allzu schnell die Frage aufkommen, warum Schönberg nicht in dieser Weise weiterkomponiert hat. Denkt man hingegen etwas freier «nach vorne», erscheint der später eingeschlagene Weg über die tonalen Grenzen hinweg

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #139 – Schönberg 150
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Isabelle Faust / Violinkonzert

Isabelle Faust / Violinkonzert

Als dieses Album im Februar 2020 erschien, war die Welt an vielen Ecken noch eine andere. Wer an die Zeit vor den Corona-Lockdowns zurückdenkt, erinnert sich wahrscheinlich an eine Reihe von eigenen Plänen und Projekten, die nie verwirklicht wurden. Und als diese Krise überwunden war, stand schon die nächste vor der Tür… Umso mehr haben sich die Gespräche und Musik jener Zeit eingebrannt. Hätte ich damals schon diese CD in die Hand bekommen, sicher auch diese Aufnahme des Violinkonzerts von Arnold Schönberg. Eine zwölftönige und doch in der Anlage neoklassizistische

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #139 – Schönberg 150
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Paavo Järvi / Pelleas und Melisande

Paavo Järvi / Pelleas und Melisande

Passend zum Schönberg-Jubiläumsjahr wurde diese Aufnahme gleichsam aus dem Archiv oder der Schublade gezogen. Wer das Kleingedruckte im Booklet liest, findet als Datum dieser Aufnahme die Jahre 2012 und 2014. Dass diese Einspielung mehr als ein Jahrzehnt auf dem Buckel hat, hört man ihr allerdings nicht an. Der naheliegende Vergleich mit einem guten Wein, der im Barrique gereift ist, passt natürlich nicht ganz (so schön er auch wäre): Während sich der Wein in einem guten Fass durch chemische Prozesse von selbst entwickelt, bleibt eine digitale Aufnahme ewig gleich, solange sie

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #139 – Schönberg 150
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Claire Booth / Lieder

Claire Booth / Lieder

Für viele Musikliebhaber ist er in diesem Jahr ein eher ungeliebter Jubilar. Auf den Konzertprogrammen waren nur wenige Werke zu finden, auch haben sich die großen wie die kleinen Labels mit alarmierend unübersehbarer Auffälligkeit mit Neuerscheinungen zurückgehalten. Es reicht kaum aus, mit der Verklärten Nacht op. 4 oder der großen sinfonischen Dichtung Pelléas et Mélisande op. 5 zu reüssieren, um Arnold Schönberg zu huldigen. Freilich macht er es der Nachwelt mit seiner oft als abstrakt empfundenen Musik, seinen Ansichten und seiner selbstfixierten Person bis heute nicht leicht, für diese große

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #139 – Schönberg 150
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Kavall – Inmitten

Kavall – Inmitten

Ferdinand Kavall spielt hier Gitarre, in den einzelnen Stücken jeweils ein zentrales musikalisches Problem oder Phänomen aufnehmend. Der Gitarrist sitzt inmitten einer Wabe aus sechs Lautsprechern. Heraus kommt eine Grundstimmung, die man wegen ihrer minimalen Verarbeitungsdichte und -geschwindigkeit als meditativ bezeichnen könnte. Am Ende muss jede und jeder für sich entscheiden, ob ihm das «zu wenig» reich genug ist, oder ob sie oder er sich lieber mit anderer Musik die Zeit teilen möchte.

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Arnold Rosner / Requiem

Arnold Rosner / Requiem

Arnold Rosner (1945–2013) war als Komponist ein Außenseiter. Während seines Studiums in den 1960er Jahren fand er mit seiner Vorstellung von Musik unter den wortführenden Serialisten kein Gehör, und auch heute dürfte sein eigenwilliger Stil Befremden auslösen. Denn Rosner war ein Komponist, der die Jahrhunderte verband, der sich für die frühe Renaissance ebenso begeisterte wie für den aufkeimenden Minimalismus. Ausdruck davon ist das Requiem (1973) – ein eruptives Werk, das einen mitreißt, verstört, fordert und irritiert. Mit knapp 70 Minuten Spielzeit ist es eine große Partitur; mit Texten aus der

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #138 – Requiem
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Charles Villiers Stanford / Requiem

Charles Villiers Stanford / Requiem

Gleich zu Beginn des Booklet-Essays wird eine wichtige Frage zum Requiem von Charles Villiers Stanford (1852–1924) aus dem Jahr 1896 aufgeworfen: Warum vertonte der in Dublin geborene, protestantisch sozialisierte und später mit zahlreichen Werken der anglikanischer Kirchenmusik eng verbundene Komponist ausgerechnet den Text der römisch-katholischen Totenmesse? Man muss die Komposition nicht unbedingt mit dem Tod Frederic Leightons, eines bedeutenden neoklassizistischen Malers und Bildhauers in Verbindung bringen – vielmehr handelt es sich bei dem Requiem um ein Auftragswerk für den Konzertsaal, in dem sich der Text von seiner ursprünglichen liturgischen Funktion

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #138 – Requiem
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Luigi Cherubini / Requiem c-Moll

Luigi Cherubini / Requiem c-Moll

Ein Requiem von politischen Dimensionen. Auch wenn die Quellenlage zur Entstehung des Werkes nicht ganz eindeutig ist, spricht das Datum der Uraufführung in Paris Bände, denn am 21. Januar 1817 jährte sich zum 25. Mal die Hinrichtung König Ludwigs XVI. mit der Begründung «Verschwörung gegen die öffentliche Freiheit und gesamte Sicherheit des Staates» (ähnlich formulierte «Sicherheitsgesetze» gibt es heute noch und wieder überall auf der Welt). Aus der Aufführung entwickelte sich alsbald eine jährliche Tradition, bis 1834 der damalige Erzbischof wegen der geforderten Frauenstimmen weitere Aufführungen verbot – und Cherubini

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #138 – Requiem
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