2. April 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Stefan Prins: Augmented

Eine großzügige Präsentation der Arbeit von Stefan Prins bietet Kairos unter dem Titel „Augmented“. Schon angesichts der rekordverdächtigen 280 Minuten Material auf CD und DVD eine bezeichnende Überschrift. Das „Augmentieren“ ist aber vor allem ästhetisches Prinzip von Stefan Prins, der in intermedialen Kompositionen an der Erweiterung, Vergrößerung, und gleichzeitigen Verunklarung der Materialfelder und Darstellungsebenen arbeitet. Das Visuelle ist dabei ebenso entscheidend wie das Akustische und so durchdringen sich „leibhaftiges“ Bühnengeschehen und „immaterielle“ Avatare in vielschichtigen Mischungen aus Instrumentalklang, Elektronik und Video-Projektionen. Die oft unauflösbare Gleichzeitigkeit von virtuell und real, technischer

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Finnish Baroque Orchestra: Helsinki Window

Gerade Ensembles Alter Musik pflegen oft einen vergleichsweise entspann­ten Umgang mit zeitgenössischen Partituren. Das Finnish Baroque Orchestra vergibt regelmäßig Kompositionsaufträge und hat unter dem Titel „Helsinki Window“ seine zweite CD mit neuer Musik eingespielt. Neben den finnischen Komponisten Jukka Tiensuu und Perttu Haapanen mit ausgesprochen polystilistischen Stücken, die tänzerisch bis burlesk die raue Klanglichkeit der barocken Originalinstrumente auskosten, steht Sarah Nemtsov mit zwei Cembalokompositionen besonders im Fokus. „running, out of tune“ (2013) entwickelt aus den Reibungen zweier Cembali in temperierter und mitteltöniger Stimmung harmonisch und rhythmisch ganz ungewöhnliche Texturen. Vielleicht

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Giorgio Netti: Necessità d’Interrogare Il Cielo

Eine „Erkundung ohne Zweck“, der es im besten Fall gelänge „das Ohr zu transzendieren“, wünschte sich Giorgio Netti hinsichtlich „necessità d’interrogare il cielo“ (1996/99) und das ist mehr als nur ein frommer Wunsch geblieben. Netti entwickelte diese abendfüllende Saxophonexpedition in vier größeren Stationen, benannt nach Sentenzen aus den Chaldäischen Orakeln, in enger Zusammenarbeit mit Marcus Weiss. Nun gibt es eine Neueinspielung von Patrick Stadler, die in ihrer Intimität und Konzentration vom ersten bis zum letzten Takt fesselt. Nettis mikroskopische Klangerkundungen beruhen auf intensiver Mikrophonierung diffiziler Spieltechniken, die sich erstaunlich fern

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Joseph Haydn and his London Disciples: Werke von Haydn, Haigh, Latrobe (2018)

Ein Programm, das einem die Ohren weit öffnen sollte. Im Zentrum stehen zwei späte Sonaten von Joseph Haydn (Hob.XVI:52 und 50) sowie Werke seiner Londoner „Schüler“ Thomas Haigh und Christina Ignatius Latrobe. Kenntnisreich, verständig und mit feinsten Freiheiten auf einem Broadwood von 1816 gespielt (Sammlung Irnberger), hat Rebecca Maurer hier einen „Timetunnel“ geöffnet, in dem man ihr bereitwillig folgt. So lässt sich endlich auch der einstige Haydn-Hype an der Themse hörend verstehen. Wunderbar und kurzweilig noch dazu! Joseph Haydn and his London Disciples: Werke von Haydn, Haigh, Latrobe. Rebecca Maurer

Teil 1 von 7 in Michael Kubes HörBar #005 – 2019/05
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Incantations: Werke von Dorman und Rautavaara (2018)

Es hat Jahre, Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte gedauert, bis das Schlagwerk in seiner ganzen Vielfalt endlich auch solistisch wahrgenommen wurde. Mit steigender Aufmerksamkeit ist nun aber auch ein freundschaftlicher Wettbewerb ausgebrochen um die virtuosesten Solisten mit den spektakulärsten Passagen. In den Ring gestiegen ist auch Christoph Sietzen – hier mit zwei Konzerten von Avner Dorman (Frozen in Time, 2007) und Einojuhani Rautavaara (Incantations, 2008). Stilistisch im Bereich der Postmodene angesiedelt, machen es einem beide Werke im Prinzip leicht, mit dem Fuß oder noch mehr rhythmisch mitzugehen. Der vor dem

Teil 6 von 7 in Michael Kubes HörBar #005 – 2019/05
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Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert G-Dur KV 453 – Dmitri Schostakowitsch: Konzert für Klavier, Trompete und Streicher op. 35 (2016)

Ein Live-Mitschnitt, bei dem klanglich vor allem der Pianist zu Wort kommt. Auf­führungspraktisch bemerkenswert, dass Evgeni Bozhanov beim Mozart-Konzert auch im Tutti mitgeht. Gleichwohl bleibt die Produktion auch in ihren Paratexten zwiespältig: Hannes Läubin als sekundierender Solist findet nur auf dem Back­cover (deutsch) Erwähnung, nicht jedoch auf dem international (englisch) ausgerichteten Cover. Seltsam. Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert G-Dur KV 453 – Dmitri Schostakowitsch: Konzert für Klavier, Trompete und Streicher op. 35. Evgeni Bozhanov (Klavier), Hannes Läubin (Trompete), Kammerorchester des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, Radoslaw Szulic. Profil PH 17086 (2016)

Teil 5 von 7 in Michael Kubes HörBar #005 – 2019/05
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Igor Stravinsky: The Rite of Spring (Arr. by Vladimir Leyetchkiss) … (2016)

Diese CD überrascht mit ihrem Programm – im Prinzip einer Folge von Klavierauszügen, bei der man sich auch fragen kann: Muss das bei dieser opulenten Musik eigentlich sein? So klingt der Sacre in dem von Vladimir Leyetchkiss besorgten zweihändigen Re-Arrangement von Strawinskys eigener vierhändigen Reduktion partiell nach einem „Player Piano“, so sehr wird er in der makellosen Interpretation von Ralph van Raat auf seine rhythmisch-harmonisch-melodische Substanz reduziert. Ähnlich bei Debussys La Mer, nur dass hier einst Lucien Garban posthum für den Originalverleger tätig war. Beides meisterhafte Transkriptionen, wie Röntgenblicke durch

Teil 4 von 7 in Michael Kubes HörBar #005 – 2019/05
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Erkki Melartin: Songs to Swedish Texts (2015)

Er gehört mit seinem Schaffen noch immer zu den unentdeckten Meistern der finnischen Spätromantik – so breit und umfassend wirkt bis heute der lange Schatten von Jean Sibelius. Dabei hat Erkki Melartin (1875–1937) eine eigene musikalische Sprache entwickelt, nicht nur in seinen sechs vollendeten Sinfoni­en, sondern auch in seinen mehr als 250 Liedern und Gesängen, die ihn als polyglotten und weit gereisten Komponisten ausweisen. Unter denn hier eingespielten 22 Stücken sind es vor allem die 1925 gedruckten Tagoresånger op. 105 (Lieder nach Rabindranath Tagore), die mit ihrer zusätzlichen, obligat geführten

Teil 3 von 7 in Michael Kubes HörBar #005 – 2019/05
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David Popper: Cello Concertos (2017)

Seine Etüden sind fester Bestandteil des Curriculums, doch nur selten einmal ist von ihm mehr und größeres als ein warmherziges Salonstück zu hören. Umso erfreulicher, dass Martin Rummel nun die Konzerte von David Popper nicht nur eingespielt, sondern auch in aktuellen Editionen herausgegeben hat. Bedeutenden Tiefgang sucht man allerdings vergebens: Vielmehr handelt es sich hier um eine Musik, die im besten Sinne des Wortes unterhält, vom Solisten aber Spielwitz und bedeutende Fertigkeiten verlangt. Und genau damit ist Martin Rummel ein überzeugendes Plädoyer gelungen. (Das vierte Konzert wurde im Klavierauszug eingespielt.)

Teil [part not set] von 7 in Michael Kubes HörBar #005 – 2019/05
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Albanian Piano Music: Werke von Simaku, Vorpsi, Lara, Ibrahim, Zadeja, Gjoni, Tole, Dizdari, Harapi (2018)

Eine pianistische Reise durch ein fast vergessenes Land an der Adria. In Erinnerung bleiben die Klavierstücke und Zyklen nahezu ausnahmslos wegen ihres musikalisch durch und durch ungefährlichen romantischen oder nationalromanti­schen Idioms. Und dennoch: eine Entdeckungstour in unbekanntem Terrain, die unter den Händen von Marsida Koni Lust auf mehr macht. Albanian Piano Music: Werke von Simaku, Vorpsi, Lara, Ibrahim, Zadeja, Gjoni, Tole, Dizdari, Harapi. Marsida Koni (Klavier) Piano Classics PCL 10149 (2018)

Teil 2 von 7 in Michael Kubes HörBar #005 – 2019/05
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Johann Sebastian Bach: The Complete Works for Keyboard Vol. 1

Johann Sebastian Bach: The Complete Works for Keyboard Vol. 1 – Benjamin Alard (Orgel & Cembalo)

Ein großes Projekt geht hier mit der ersten Folge an den Start – zu einer Zeit, in der selbst bei Durchsicht der künftigen Annalen absehbar nicht einmal ein halbrunder Gedenktag ins Haus steht. Warum also Johann Sebastian Bachs Werke für Tasteninstrument neu einspielen?, möchte man fragen. Aber offenbar gibt es auf dem Tonträgermarkt doch noch Unternehmungen, die sich nicht von einem Jubiläum zum andern treiben lassen, sondern das Notwendige im Blick haben. Mir erscheint das wunderbar unzeitgemäß, lässt hoffen oder mutet zumindest wie ein letztes Rufen aus der Wüste an.

Teil 7 von 7 in Michael Kubes HörBar #004 – 2019/03
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Hommage à Joseph Aloys Schmittbaur; Hof-Capelle Carlsruhe

Hommage à Joseph Aloys Schmittbaur; Hof-Capelle Carlsruhe

Das 18. Jahrhundert steckt noch immer voller Überraschungen, und so wird das angesichts der überreichen Quellen auch noch einige Zeit blieben. Während der Blick allgemein fixiert ist auf das Wiener Dreigestirn, sind die vorarbeitenden Meister der Mannheimer Schule anhaltend unterrepräsentiert (auf CD sowieso, im Konzert allemal). Was aber, wenn man noch weiter in den Südwesten wandert? Etwa an den Hof zu Rastatt oder Karlsruhe? Dort findet sich der auch noch im hohen Alter tätige Joseph Aloys Schmittbaur (1718–1809) als längst vergessene musikalische Instanz. Als Konzertmeister, Kapellmeister und Komponist hat er

Teil 1 von 7 in Michael Kubes HörBar #004 – 2019/03
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