30. März 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Winterreise / Florian Götz

Winterreise / Florian Götz

Eine Reise im Winter ist immer auch eine Reise durch eine Landschaft, die sich in karge Farben hüllt. Oft genug handelt es sich dabei um eine feine Abstufung von Grautönen, auf jeden Fall dominieren in den dunklen Monaten des Jahres weniger intensive Töne – es sei denn, man hat das Glück, an einem wirklich klaren Tag weit über den eigentlichen Horizont hinausschauen zu können. Eine Reise durch die kahle Natur unternimmt auch Franz Schubert mit seinem Liederzyklus Winterreise, dessen Fahrt in die buchstäbliche Erstarrung in den letzten Jahren in zahlreichen

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #145 – Bäume im Winter
Weiterlesen
Ewald Sträßer / Gudrun Höbold

Ewald Sträßer / Gudrun Höbold

Man darf sich von den internationalen Metadaten und dem Cover dieses Albums nicht irritieren lassen. Denn der Komponist Ewald Sträßer (1867–1933) unterschrieb selbst mit Umlaut und Scharf-S, während die heute gängigen Angleichungen bereits 1918 auf dem Titelblatt seiner Violinsonate D-Dur op. 32 vorgenommen wurden – dort allerdings, so scheint es, eher typographisch motiviert. Er ist einer der niederrheinischen Komponisten in der Nachfolge von Johannes Brahms, dabei aber in Ausdruck und Grammatik keinesfalls konservativ. Nach einem erfolgreichen dreitägigen Musikfest in Köln, das ausschließlich seinen Werken gewidmet war (1917, inmitten des Ersten

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
Weiterlesen
Saint-Saëns / Cecilia Zilliacus

Saint-Saëns / Cecilia Zilliacus

Vielleicht ist Camille Saint-Saëns (1835–1921) der (un)französischste Komponist unter seinen französischen Kollegen. Seine Sinfonien und Sonaten sprechen eine ganz eigene Sprache und huldigen nicht dem damals weit verbreiteten «Wagnérisme». So auch die beiden hier eingespielten Sonaten von 1885 und 1896, die mit einer wunderbar klassizistischen Attitüde eine Klarheit in Struktur und Klang aufweisen, für die man Jahrzehnte zurückgehen muss. Sie wirken heute noch aktuell, entlasten das Ohr und kommen zum Kern – etwas, womit Saint-Saëns in der Öffentlichkeit freilich bisweilen zu kämpfen hatte. Über seine zweite Sonate notierte er noch

Teil 2 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
Weiterlesen
Dohnányi & Strauss / Hellen Weiß

Dohnányi & Strauss / Hellen Weiß

Ein Album, das einen weiten Bogen über das Repertoire der Violinsonate an der Wende zum 20. Jahrhundert spannt, die nach Brahms und wenigen Einzelwerken damals kaum präsent ist. Denn diese Besetzung und Gattung ist (im Gegensatz zum Streichquartett) zu dieser Zeit sicherlich kein Innovationsträger der Musikgeschichte. Umso interessanter sind die individuellen Ausformungen der Spätromantik – oder besser: eines Stils, der sich durch Intensivierung des Ausdrucks, tonal gebundene Harmonik sowie individuelle und nationale Idiome definieren lässt. So auch bei den hier von Hellen Weiß eingespielten, technisch anspruchsvollen Kompositionen von Ernst von

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
Weiterlesen
Jacques Hétu

Jacques Hétu

Eine Ode an die Freiheit. Nein, nicht die umtextierte von Schiller/Beethoven und mit Leonard Bernstein im Schatten der gerade überwundenen Berliner Mauer, sondern die von Paul Éluard (1895–1952): 1942 geschrieben und dann über und in ganz Frankreich verbreitet. Als 70 Jahre später Jacques Hétu (1938–2010) die Strophen mit dem (durch alle Lebensalter) wiederkehrenden Vers «J’écris ton nom» (ich schreibe deinen Namen) vertonte, entstand mit der 5. Sinfonie ein Werk für das 21. Jahrhundert – ein Werk, das allerdings erst (wieder)entdeckt werden muss. Denn Hétu, frankophoner kanadischer Komponist, starb wenige Wochen

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #143 – zeitgenössische Sinfonik
Weiterlesen
Gisle Kverndokk

Gisle Kverndokk

Sein Name ist hierzulande durch die Einweihung des Opernhauses in Oslo (2010) und Aufführungen bei den DomStufen-Festspielen in Erfurt (2008) bekannt geworden. Nachdem er bislang vorwiegend mit ernsten Musicals als großen Opern präsent war, stellt dieses Album nun sinfonisches Repertoire von Gisle Kverndokk (*1967) vor – einem Komponisten, dessen Musik bisher kaum im Konzertsaal zu hören ist. Diese Diskrepanz lässt sich freilich an dieser norwegischen Produktion leicht nachvollziehen: Wer große zeitgenössische Sinfonik erwartet, wird enttäuscht; wer ein sattes Potpourri aus griffigen Melodien erwartet ebenso. Die Musik von Gisle Kverndokk ist

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #143 – zeitgenössische Sinfonik
Weiterlesen
Xilin Wang

Xilin Wang

Noch immer ist die aus China stammende «klassische Musik» weitgehend eine terra incognita. Nur ganz wenige Einzelwerke sind allein dem Namen nach präsent (wie etwa das Violinkonzert Butterfly Lovers von Gang Chen), bei Komponisten-Persönlichkeiten wird es wohl noch schwieriger. Vielleicht liegt es an den Kulturen oder Repertoire-Traditionen, sicherlich auch am fehlenden Mut zum Programm-Experiment. Da helfen dann zunächst einmal Einspielungen wie die vorliegende mit der Sinfonie Nr. 3 von Xilin Wang (*1936). Noch nie gehört? So ging es mir auch. Doch je länger die Musik sich entfaltete, je öfter ich

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #143 – zeitgenössische Sinfonik
Weiterlesen
Olli Mustonen

Olli Mustonen

Er war zunächst und vor allem als Pianist auf den großen Podien zuhause; dass er auch komponierte, spielte zunächst keine große Rolle. Heute hat Olli Mustonen (*1967) längst auch den Taktstock in die Hand genommen – nicht als frühzeitiges «Altersphänomen», sondern als eine Tätigkeit, die er schon in jungen Jahren studiert hatte. Dennoch ist ihm mit seinen Partituren noch nicht der große Durchbruch als Komponist gelungen. Warum dies so ist, kann auf diesem Album mit zwei seiner Sinfonien behört werden. Denn Mustonen schreibt zwar flüssig, allerdings in einer Art und

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #143 – zeitgenössische Sinfonik
Weiterlesen
Dani Howard

Dani Howard

Hat die Sinfonie im 21. Jahrhundert überhaupt noch eine Zukunft – oder hat sich das Repertoire selbst diminuiert? Jedenfalls kann man den Eindruck gewinnen, dass nur noch kürzere Werke als «Opener» aufgeführt und damit auch komponiert werden. Welches städtische Orchester möchte schon die zweite Hälfte eines seiner Sinfoniekonzerte einem neuen oder älteren unbequemen Werk opfern, wenn man das Publikum auch bequem mit Beethoven, Schumann, Brahms oder Tschaikowsky (selbst Sinfonien von Schostakowitsch gehören dazu) bedienen kann? Es sind also pragmatische Erwägungen, die das Repertoire einzuschränken scheinen und einen seit langem zu

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #143 – zeitgenössische Sinfonik
Weiterlesen
Ryūichi Sakamoto

Ryūichi Sakamoto

Vielleicht war Ryūichi Sakamoto (1952–2023) in der Mitte der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts der am meisten gespielte und gehörte «neue» Komponist, ohne dass man allerdings seine kurzen Stücke als «Werke» wahrgenommen hätte. Denn von ihm stammen viele der standardmäßig im Nokia 8800 (2005) verbauten Sounds und Signale. Seine Filmmusik und CD-Produktionen blieben eher etwas für Kenner, sie bewegen sich zwischen den Stilwelten Jazz, Pop und «New Classics». Trotz seiner fortgeschrittenen Krebserkrankung ging Sakamoto wenige Monate vor seinem Tod noch einmal ins Aufnahmestudio. So ist das Album Opus ein kreativer

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #142 – Am Klavier
Weiterlesen
Johannes Brahms / Sheila Arnold

Johannes Brahms / Sheila Arnold

Ebenfalls eine rein digitale Produktion, aber mit den gewohnt fundierten Daten und mehr, selbst nachdem das Label CAvi vor kurzem unter das Dach eines «universellen» Grossisten gezogen ist. Der aber kann oder will über sein markantes gelbes Star-Label solch wundervolle Produktionen nicht vermarkten. Gut also, dass es weiterhin Nischen für Nischen gibt. Denn Brahms auf einem Blüthner-Flügel aus dem Jahre 1862 (einem «Salonflügel») klingt doch anders, als man es im Konzert oder aus dem Lautsprecher gewohnt ist. Massen wird man damit nicht begeistern können. Wer aber Ohren hat zum Hören,

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #142 – Am Klavier
Weiterlesen
Hans Otte / Carlos Cipa

Hans Otte / Carlos Cipa

Immer mehr Alben erscheinen nur noch digital – wenn auch noch nicht mehrheitlich, so doch aber in signifikanten Größenordnungen. Die Argumentation der Labels ist durchschaubar: Wo der CD-Player bereits ein Auslaufmodell ist und stattdessen unendlich gestreamt werden kann, da will man kein Geld in physische Produkte investieren, sondern verlagert sich (und damit auch die Musiker:innen) gleich ganz ins Netz. Aber ob die Rechnung aufgeht? Es gibt Aufnahmen, die würde ich auf jeden Fall lieber in den Händen halten und auf diesem Weg zusätzliche Informationen zu Musik und Interpreten erhalten. Spotify

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #142 – Am Klavier
Weiterlesen