Umso erstaunlicher, dass bei der Einspielung mit Le Concert Spirituel unter der Leitung von Hervé Niquet weder auf Cover, Backcover noch in der Tracklist der Name «Süßmayr» auftaucht! Der dramaturgische Schwerpunkt lag freilich auch eher in der Gegenüberstellung mit dem Requiem c-Moll von Antonio Salieri (1750–1825) – Gedanken an die cinematographisch so genial umgesetzte (falsche) Legendenbildung werden wach… Salieri jedenfalls fertigte die Partitur seines Werkes 1804 an und notierte auf dem Titelblatt: «Demütiges Requiem, komponiert von mir und für mich, Antonio Salieri, die demütigste aller Kreaturen.» Man merkt dem Werk bereits den zeitlichen Abstand an, es ist zudem leichter gefasst – und doch fühle ich mich bei der Verwendung der Bläser ein wenig an Mozart erinnert. Klanglich wirkt Salieris Komposition viel direkter eingefangen als die Mozarts, vermutlich auch wegen der durchsichtigeren Faktur. Bei Mozart hingegen entfaltet sich hingegen vielfach eine erstaunliche Wärme. Und dennoch: Warum müssen die dramatisch zugespitzten Sätze im Tempo so angezogen werden? Bereits die nachschlagenden Achtel der Streicher im Introitus nehmen sich fast tänzerisch aus (ohne dass ein Totentanz angeschlagen würde), das Rex tremendae «swingt», das Confutatis rollt motorisch vorwärts. Die Ausführung selbst steht freilich auf sehr hohem Niveau.
Wolfgang Amadeus Mozart. Requiem d-Moll KV 626; Antonio Salieri. Requiem c-Moll
Valentina Nafornita (Sopran), Ambroisine Bré (Alt), Robin Tritschler (Tenor), Andreas Wolf (Bass), Le Concert Spirituel, Herve Niquet
Chateau de Versailles Spectacles CVS 078 (2021)