16. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Wölfl / Veljkovič

Wölfl / Veljkovič
Wölfl / Veljkovič
Als das Label cpo vor 13 Jahren die erste Folge der Klavierkonzerte von Joseph Wölfl (1773–1812) herausbrachte, war der Mozart- und Beethoven-Zeitgenosse wohl den allerwenigsten Kennern und Liebhabern bekannt. Das hat sich derweil – auch dank einiger anderer Einspielungen – wenigstens ansatzweise geändert; Der allzuschnell vergessene, in Salzburg geborene Komponist wird mit seinem breiten Schaffen neuerlich wiederentdeckt und bildet dabei geschichtlich wie stilistisch ein Scharnier: Denn während heute die erste Dekade des 19. Jahrhunderts im Repertoire weitgehend durch den in Wien wirkenden Bonner Meister repräsentiert wird, war zu jener Zeit die klingende Kunst weitaus breiter aufgestellt. Wölfls Werke geben dafür ein sehr schönes Beispiel, hier die in einer zweiten Folge vorgelegten Konzerte aus den Jahren 1804 (Paris) und 1805 (London) sowie das recht gefällige Concerto da camera (1810).

Mit Ausnahme von Johannes Moesus als Dirigent finden sich in der zweiten Folge nun allerdings mit Nataša Veljkovič als Solistin und dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim andere Interpreten, so dass zwar beide Produktionen zusammengehören, sich aber musikalisch doch ziemlich unterscheiden. Denn entgegen der betont sinfonischen Produktion der Konzerte Nr. 1, 5 & 6 mit dem SWR Rundfunkorchester Kaiserslautern und Yorck Kronenberg (cpo 777 374-2) wurde hier für die übrigen Konzerte (eingespielt bereits 2016) mit dem um Bläser ergänzten Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim eine kleine Besetzung gewählt. Dies mag zwar der noch dem ausgehenden 18. Jahrhundert verpflichteten Sprache und dem durchsichtigen Satz der Partituren (mit Mozart als Ausgangspunkt) gerecht werden; auch Nataša Veljkovič zeichnet sich als Solistin durch stupende Technik und Gestaltung aus. Allerdings stellt sich die Frage, warum der (moderne!) Flügel so prominent vor das Orchester gerückt werden musste, und warum überhaupt für diese hörbar an Farben so reiche Musik kein zeitgenössisches Instrumentarium gewählt wurde. Das von der Tontechnik beförderte, wenn nicht gar provozierte dynamische Missverhältnis ist eklatant. Doch auch die Seele der Musik wurde keineswegs erfasst, denn das Ensemble aus Pforzheim erinnert mich agogisch wie klanglich eher an Aufnahmen aus den 1970er und 1980er Jahren, als die Erkenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis noch als revolutionär galten und längst nicht die «Klassiker» erfasst hatten. Nicht jede Konstellation passt. Die inspirierten Werke selbst aber haben eine echte Chance verdient.

Joseph Wölfl. Klavierkonzert Nr. 2 E-Dur op. 26; Concerto da camera Es-Dur WoO 97; Klavierkonzert Nr. 3 F-Dur op. 32
Nataša Veljkovič, Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim, Johannes Moesus

cpo 555 49-2 (2016)

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