Stücke für Streicher stehen im Fokus der aktuellen Poppe-Veröffentlichung mit dem Ensemble Resonanz, wie gewohnt im Selbstdirigat eingespielt. Dass Streichinstrumente eine besondere Faszination auf den Komponisten ausüben, scheint naheliegend, sind Enno Poppes gleichsam ‚asiatische’ Artikulationspraktiken im differenzierten Einsatz von Mikrotonalität doch auf ständiges Schleifen der Tonhöhe aus.
Das mit Tabea Zimmermann denkbar prominent besetzte „Filz“ für Viola und Kammerorchester (2013/14) klingt, als hätte man ein Bratschenkonzert in ein Säurebad geworfen. Zimmermanns perforierte Solopassagen lassen Anflüge elegischer Expressivität wie verätzt erscheinen. Faszinierend. Die rezitativischen Außensätze, bei denen das Orchester als sparsamer Kommentator in Erscheinung tritt, rahmen einen arabesken Dschungel ein, wo die Stimmen aller Beteiligten sich chaotisch ineinander verschlingen.
Weitaus spröder kommt „Stoff“ (2015/18) für neun Streicher daher, das im Rahmen von Poppes kleinzelligem Prozessdenken verschiedenste Material- und Strukturtypen durchexerziert. Poppes Hang zur komplexen Kombinatorik des Ähnlichen wird auf die Spitze getrieben im legendär besetzten „Wald“ für vier Streichquartette (2009/10). Ein undurchdringliches Gefüge klangkörperübergreifender Satztechniken zwischen zerschossener Kontrapunktik und orchestraler Dichte, das nach Zündung aller Streichquartett-Triebwerke als finales Riesenglissando gemeinsam abhebt. (Wergo)
- Extrahiert aus:
Dunkles Licht – Neue CDs neuer Musik, vorgestellt von Dirk Wieschollek (nmz 2021/06)
Enno Poppe: Filz (ensemble resonanz)
Tabea Zimmermann, Viola; Enno Poppe, Dirigent; Ensemble ResonanzWergo
- Filz für Viola und Kammerorchester (2013/14)
- Stoff für 9 Streicher (2015/18)
- Wald für 4 Streichquartette (2009/10)