Das Volkslied „Kein Feuer, keine Kohle“ ist sicher nicht eines der allerbekanntesten. Dabei gehört es zu den schönsten musikalischen Wundern, die sich eingegraben haben. Rechterhand zwei sehr hübsche Versionen aus dem Fundus von Spotify. Die erste Variante mit dem Rundfunk-Jugendchor Wernigerode. Eine zweite von Hannes Wader sollte nicht unerwähnt bleiben.
Man muss da nämlich schon sehr tief suchen, wenn man das Stück in der Fassung mit dem Meuroer Mandolinenorchester finden möchte. Vielleicht ist auch besser, man sucht erst gar nicht. Die Komponistin bezeichnet es auch als abstrakte Interpretation des Volkslieds. Und das ist es letzten Endes auch. Drei Blickwinkel mit gezupfter Strenge in Nummer 1. Man kann den Anfang in in seiner simplen homorhythmischen Anlage als hölzern empfinden oder als klar & präzise. Das Stück gewinnt ein respektables Eigenleben, wenn die sich die Komponistin mit elektronischen Tonmischungen heineinwebt in den in der Mitte sich aufbauenden Akkordcluster.
Das sollte man vielleicht im Ohr behalten, wenn man sich die drei Fassungen anhört, die Friederike Bernhardt und Stefan Streck (The Micronaut) zusammen mit ihren Musiker*innen (Bertram Burkert, Heidi Bayer, Volker Heuken, Damian Dalla Torre) rearrangiert und rekomponiert haben. Vielleicht aber sollte man es aber auch eher gar nicht in den Ohren behalten – die Fährte könnte in die Irre führen.
Als akustisch weitgespanntes Landschaftsbild mit so feinen Nuancen auf dem Hintergrund in Nummer 2 – jedenfalls immer mit einer tiefabgestuften Harmonik in den tiefen Registern. Das ist irre: Es geht da zu, als ob sich tatsächlich eines dieser kleinen Orchesterstücke op. 10 Anton Weberns eingeflochten hat. Es ist jedenfalls nicht allein die Mandoline, aber auch:
Das gerät schnell in Vergessenheit, wenn es in der zweiten Hälfte des etwa 8-minütigen Stücks orgiastisch zur massiven aromareichen Klangsuppe zusammenschießt. Mitreißend und ein sehr schönes Beispiel dafür, wie es klappen kann, recht komplexes musikalisches Geschehen auf eine gemeinsame ästhetische Kontur zu übertragen. Hören Sie sich mal „Glam Slam“ von Prince in diesem Zusammenhang an, das gleiche Phänomen.
Bei der Nummer 3 wird der Bezug zum Volkslied natürlich allein schon dadurch leicht vollzogen, dass eine Singstimme mit von der Partie ist. Jetzt hebt das Stück geradezu großmusikalisch ab, kontrastiert sich mit Marimbaphon-Klongs selbst und wirkt darin etwas plakativ. Für diese Nummer trägt Stefan Streck (aka The Micronaut) als Komponist die Verantwortung.
Kurzum: Yes!
Beyond /W Bernhardt. feat. The Micronaut + Meuroer Mandolinenorchester – Fire & Coal
Stefan Streck, Meuroer Mandolinenorchester, Friederike Bernhardt (electr), Heidi Bayer (tr), Theresia Philipp (cl), Johannes Ludwig (alt-sax), Damian Dalla Torre (b-cl), Volker Heuken (vib), Bertram Burkert (git), Lorenz Heigenhuber (b), Jan Roth (dr).
Teleskop – zu beziehen vorzugsweise über bandcamp