Vierhändige Klaviermusik war zu allermeist für den Salon oder die «gute Stube» bestimmt. Entsprechend finden sich im Repertoire Bearbeitungen von Sinfonien und Streichquartetten(!), die regelmäßig erstellt wurden, um zu einer Zeit ohne geeignete mechanische Reproduktionsmöglichkeiten wenigstens bekannte wie neuere Werke zu verbreiten, so dass diese «erspielt» werden konnten. Darüber hinaus entstand für das vierhändige Spiel eine Vielzahl von originären Werken in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Ausdruckssphären.
Ein wenig von der Vielfalt um die Wende zum 20. Jahrhundertwende zeigen Paul Lewis und Steven Osborne mit diesem Album, das wohl nur aus Versehen den missverständlichen Titel «French Duets» trägt, was man doch eher auf Musik für zwei Klaviere bezieht; im Booklet finden sich dann wenigstens in den französischen und deutschen Übersetzungen die Zusätze «à quatre mains» bzw. «zu vier Händen».
Unter den Werken finden sich keine Überraschungen; selbst bei Strawinskys Drei leichten Stücken (1914) handelt es sich nicht um Raritäten. Was jedoch auffällt, ist die hier wie auch in anderen Kompositionen Klang gewordene Affinität zur Kinderwelt, so bei Faurés Dolly op. 56 oder Ravels Ma mère l’oye. Weit ist indes der Bogen geschlagen zwischen der Petite Suite (1889) von Debussy und der um einiges kleineren, rhythmisch frechen Sonate (1918) von Poulenc. Neben Steven Osborne, dem langjährigen Hauspianisten des Labels Hyperion, sitzt bei dieser atmosphärisch sehr dichten Produktion als «Leihgabe» von Harmonia Mundi Paul Lewis – ein Glücksfall angesichts der wundervoll fließenden Linien. Der Flügel klingt warm, die Akustik ist von einer angenehmen, klar abbildenden Räumlichkeit.
French Duets
- Gabriel Fauré: Dolly op. 56;
- Francis Poulenc: Sonate für Klavier zu vier Händen FP 8;
- Claude Debussy: Six épigraphes antiques L 139
- Claude Debussy: Petite Suite L 71
- Igor Strawinsky: Three easy pieces
- Maurice Ravel: Ma mère l’oye
Paul Lewis, Steven Osborne (Klavier)
Hyperion CDA 68329 (2020)