22. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Markus Reuter: Truce 2

Markus Reuter: Truce 2

Noch ein Werk aus der Corona-Erlebniswelt. Das Trio um Markus Reuter findet sich zusammen in einer krachenden Orgie aus musikalischer Energie. Robustes Musizieren in sieben utopischen Räumen. Das krächzt zu Beginn aus den Lautsprechern in einer Mischung purer losgelassener Klangrhythmen. Aber doch alles auf dem Boden soliden Taktabmessens. Die folgenden Piecen sind deutlich entspannter, luftiger, leerer. Beinahe ein bisschen zu sehr leer. Wärend doch „The Rake“ wie gepresstes Rhythmenmaterial durch E-Gitarren- und Electronic-Gezuppel zugleich expandiert, also gequetscht und aufgelöst wird in einem Prozess, laufen die Stücke „Rounds Of Love“, „Barren“,

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B3 – New Songs, Old Socks

B3 – New Songs, Old Socks

Alte Socken? Leute, nicht solche Töne. Was für ein Spaß, was für eine Rockpower im weitergehenden Feld aus Blues und Jazz von drei Männern an Hammond B3, Synhie, Bass und Schlagzeug – dazu Gesangsschmelz, auf deren Tongletschtern nicht arg viel Permafrost gebunden scheint. Nach Informationen des Pressetextes handelt es sich um sowohl „neue Songs als auch ältere Stücke in neuem Gewand“. So gut kenne ich das Trio nun nicht, um genau die Veränderungen zu bemerken. Aber manches kommt einem irgendwie trotzdem bekannt vor – wie die Chorvocals im zweiten Stück

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Composers’ Orchestra Berlin: Holding Pattern

Composers’ Orchestra Berlin: Holding Pattern

Corona, Corona, Corona. Für viele angeblich längst vorbei, aber lassen wir den unmöglichen Streit über Wissenschaft und Gefühl besser außen vor. Die musikalische Nachschüttung allerdings läuft – manchmal unter dem Label „Neustart Kultur“ (in diesem Fall hier allerdings nicht): Lauter kreative Prozesse, die da in Gang gesetzt wurden, wenn man den Pressetexten glauben schenken will: „Viele der Titel wurden während des Corona-Lockdowns geschrieben: Im Rückblick hatte dies mehr Einfluss auf den kreativen Prozess als man sich vorgestellt hatte.“ Es sind neun verschiedene Komponist:innen in zehn Titeln. Vielfalt ist garantiert, sofern

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Louis Matute Large Ensemble – Our Folklore

Louis Matute Large Ensemble – Our Folklore

Das ist so richtig vollkommene Musik, die mit einer Selbstverständlichkeit im Ausdruck auftritt, die keinen Widerspruch duldet, sondern eine Einladung ist, dabei zu sein beim Ausrollen von Rhythmen, Harmonien und Farben. Im Ensemble des Gitarristen Louis Matute finden sich viele musikalische Sprachkulturen zusammen, ohne dabei zu grauem Tonbrei zu versuppen. Nix ist hier grau, es ist bunt, manchmal etwas verschleiert dabei und gebrochen pastellig. „Our Folklore“ heißt dieses Album, man möchte es sowohl ironisch verstehen wie zugleich als Versprechen, die ästhetische Latte nicht zu hoch zu hängen, aber zu probieren,

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Max Zentawer: solo

Max Zentawer: solo

Die Reichhaltigkeit der Jazz-Szene in Deutschland scheint geradezu unendlich. Dass ich die meisten Musiker:innen der CDs, die ich hier in der HörBar bespreche nicht kenne, geschweige denn jemals zuvor von ihnen gehört habe, bestätigt mir das wunderbar. Max Zentawer spielt hier „solo“ seine akustischen und elektrischen Gitarren quasi im Ensemble, wann es sich eben ergibt, wenn man im Studio arbeitet, statt auf der Bühne – wie so häufig coronabedingt. Man folgt dem Gitarrenflow mit Vergnügen und mit der Leichtigkeit, die Zentawer zu erzeugen versteht. Fast alle Gitarrist:innen, die zu hören

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Vitalii Kyianytsia Trio: Last Day of Spring

Vitalii Kyianytsia Trio: Last Day of Spring

„Der Titel hat schon seine Bedeutung“, schmunzelt Kyianytsia. „Während des Lockdowns bin ich fast jeden Tag joggen gegangen und so hat das Stück eine konkrete Beziehung zu meinem Leben. Ich finde, man kann spüren, wie jemand rennt.“ Geplant und realisiert und motiviert, lange bevor der unmenschliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine begonnen hat, erscheint dieses Debütalbum einen Monat nach Beginn des Krieges. Zu Beginn des Frühlings, dessen letzter Tag hier im Titel beschworen wird. Das ist alles nur noch Irre. Der Musik hört man nichts an. Vitalii Kyianytsia stammt aus

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Mátyás Bartha Trio: Self – Reflection

Mátyás Bartha Trio: Self – Reflection

Im Jazz gehört das Klaviertrio zu den Standard-Besetzungen mit großer historischer Tradition, mit scheinbar unendlich vielen Ausformungstechniken und damit Poetiken. Ein schönes Beispiel dafür, wie eine Tradition doch geradezu unendliche Erscheinungsformen ausbilden kann. In diese Reihe musikalischer Vielfalt reiht sich auch das Bartha-Trio ein. Wo muss man es wohl einordnen, oder bildet sich etwas hier ein ganz neues Gewächs aus? Nein, jein, ja. Es ist ein exzellent eingespieltes Jazztrio ohne Eskapaden, ohne Extreme. Na gut, es zeigt damit vielleicht an, dass musikalische Exzellenz und Abgeschlossenheit heutzutage vielleicht auch schon wieder

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Thomas Klein: Piano Solo

Thomas Klein: Piano Solo

Eine so einsame Musik, die sich da am Klavier auf Track 2 „Dezember 18“ ereignet. Da muss etwas sehr Eigenes und sehr Persönliches passiert sein, an diesem 18. Dezember. Die Musik ist gar leer, selbst in den Quinten-Parallelen scheint der Musik um ihre Thematik herumzuschleichen. Das bleibt irritierend. Laut Biografie hat der Piano-Solist eigentlich gar viele Erfahrungen in Sachen Funk-Bands. Und hier: Trockenes Klangbrot von gewiss eigner Würde. Aber doch noch eher tastend, nicht so ganz fertig in sich ruhend schon gleich gar nicht. Krude, rüde. Auch der Klang selbst,

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Helge Lien Trio: Revisited

Helge Lien Trio: Revisited

Das norwegische Trio um Helge Lien hat sich wieder selbst besucht. Auf dieser Hybrid-Aufnahmen-CD entwickeln die drei Musiker ein hochsensibles, kammermusikalisches Poem in neun Versen. Hybrid meint hier, dass auf der CD Live- und Studioaufnahmen getrennt vereint sind. Würde man es hören, wenn man es nicht wüsste? Und würde man hören, ob es dabei die knistrig Live-Atmosphäre ist, die zur phantastischen Präzision führt, oder umgekehrt die intime Einsamkeit es ist, die im Studio meistens noch solipsistischere Bewegungen gestattet? Könnte einem eigentlich egal sein, aber auch nicht ganz. Denn am Ende

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Florian Galow: Wendekreis

Florian Galow: Wendekreis

Da hat jemand viel Freude an seinem Instrument, seinem Kontrabass. In 10 Stücken reizt er die klanglichen Möglichkeiten und ihre Raumwirkung aus. Sonorisch, flirrend, gerne auch mikrotonal, dann wieder mit deutlich rhythmischer Nebenwirkung. Aber Florian Galow ist eben allein mit sich, dem Instrument und seinem Klangraum St. Petri zu Lübeck. Das macht die Sache vertrackt. Aber er scheitert nicht, sondern gewinnt auf der kompletten ästhetischen Linie. Vor ein paar Wochen hatte ich Hub Hildenbrand mit seiner Gitarre in der Dorfkirche, ähnlich, aber doch in den polyphonen und harmonischen Dimensionen deutlich

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Sebastian Böhlen Trio: Fallalarenko

Sebastian Böhlen Trio: Fallalarenko

Wohlwollendes Hören kann schnell umschlagen in sein Gegenteil, wenn man sogenannte „Produktinfos“ zu CD-Produktionen liest, weil man den ersten Zugriff als Rezensent:in beim Hören nicht findet. So hier. Nach zwei Klaviertrios jetzt eines, das statt des Klaviers die Gitarre einsetzt. Das Infoblatt endet mit einem Zitat des Bassisten: „Da es fast nie darum ging, Fehler auszubessern, hatten wir viel Zeit, um verschiedene Versionen der Stücke auszuprobieren und aufzunehmen. Auf diese Weise sind Kompositionen entstanden, deren musikalische Tiefe in der aktuellen Jazz-Szene ihresgleichen suchen.“ Nimmt man einmal die auch denkbare Interpretation

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Andreas Hertel: Blue Bop

Andreas Hertel: Blue Bop

Anders als beim Stefan Schöler Trio steht dieses Trio in der nicht vorhandenen Tradition des Nix-kann-mich-umhaun-Jazz. Das klingt einfach gut gelaunt und läuft ab wie am Schnürchen. Das Jazz-Uhrwerk aus Groove und Swing bringt nicht aus der Unruhe. Das muss man auch erst mal können. Unmissverständlich klar ist dieses Trio auf Funktionalität, auf Funktionieren angesetzt. Eine sichere Bank im Mittelfeld, keine genialen musikalischen Bananenflanken und Fallrückzieher. Nicht immer schön, aber im Einsatz der musikalischen Mittel effektiv. Früher hätte man das mit dem Werbespruch „Da weiß man, was man hat“ verkaufen

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