8. Juli 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Frank Bungarten

Frank Bungarten

Im «klassischen» Konzertleben ist die Gitarre nur selten anzutreffen. Mit ihrem intimen Ton ist sie ein Instrument der kleinen Räume, wenn nicht gar des Salons – sofern man es mit der großen Literatur des 19. Jahrhunderts ernst meint. Dann stößt man sofort auf den Namen von Fernando Sor (1778–1839), der mit einfachen Stücken und bissiger Ironie die Bedürfnisse anspruchsloser Zeitgenossen befriedigte, mit seinen großformatigen Kompositionen aber sowohl technisch wie auch formal die Grenzen sprengte. Der Lebensweg führte ihn von Barcelona über Paris und London nach Moskau, dann über Berlin wieder

Teil 1 von 1 in Michael Kubes HörBar #161 – Gitarre(n)
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forgotten Instrument

forgotten Instrument

Fast alle Instrumente, die heute weltweit verbreitet sind, haben eine lange Tradition und eine weitgehend standardisierte Form. Dennoch wurden und werden immer wieder neue Instrumente erfunden, so auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Wien. Hier kam es zu einer interessanten Neuentwicklung, dem Arpeggione, der zweifellos auch die Zeit des Biedermeier widerspiegelt. Bei diesem 1823 vorgestellten Instrument handelt es sich um eine Mischung aus Gitarre und Violoncello, also um eine Streich- oder Bogengitarre, die aber auch als Guitarrenvioloncello bezeichnet wurde. Konstruiert wurde das in nur einem Exemplar erhaltene Instrument von

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #160 – forgotten music
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forgotten sounds

forgotten sounds

In diesem Fall ist der Titel des Albums nicht das Ergebnis einer kreativen Eingebung oder eines Zufalls, sondern er nimmt (in Übersetzung) den Namen einer Komposition von Charles Martin Loeffler (1861–1935) auf: Timbres oubliés. Ursprünglich für Singstimme und Harfe komponiert, erklingt das Stück hier «ohne Worte» und dennoch sehr beredt auf der Klarinette. Es handelt sich allerdings eher um eine Zugabe, wie auch Debussys bekanntes Prélude, das hier die Funktion einer Introduktion übernimmt. Dennoch liegt die Spielzeit des Albums mit 45 Minuten deutlich unter dem Durchschnitt. Im Zentrum steht Loefflers

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #160 – forgotten music
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Vergessene Lieder, vergessene Lieb

Vergessene Lieder, vergessene Lieb

Es ist ein Album mit sehr persönlichen Erinnerungen, das die Schweizer Sopranistin Melanie Adami vorlegt. Eingesungen wurden Lieder ihres Urgroßvaters Willy Heinz Müller (1900–1974), der in Winterthur und St. Gallen vielleicht nicht ganz vergessen wurde (in Wintherthur gründete er das Kammerorchester), ferner einzelne Gesänge vier weiterer Komponisten, die innerhalb der Familie in einem Notenkonvolut überliefert wurden. Dass diese gänzlich vergessenen Lieder erst jetzt zum Vorschein kommen, ist der «Kulturpause» von 2020 zu verdanken – eine Zeit, in der wohl alle liegen gebliebene Sachen einmal durchgeschaut haben und das eine oder

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #160 – forgotten music
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Orgel + Violoncello

Orgel + Violoncello

Schon die Liste der eingespielten Sätze und Werke verrät es: Hier steht die Andacht im Vordergrund. Und tatsächlich bestätigt sich dieser Eindruck beim Lesen des informativen Booklets. Die darin vorgestellten Kompositionen für Violoncello und Orgel erscheinen heute wie eine abseitige Nische des Dresdner Musiklebens des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wobei sie damals offenbar präsenter waren, als man vermuten kann. „Spezialist” für diese außergewöhnliche Besetzung war Oskar Wermann (1840–1906). Er stammte aus einfachen Verhältnissen und musste sich vieles mühsam erarbeiten, um im Alter von 36 Jahren zum Kreuzkantor berufen zu werden. Einer

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #159 – Orgel plus
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Orgel + Posaune

Orgel + Posaune

Eigentlich ein interessantes Album. Denn es erklingt die historische Sauer-Orgel (1928) aus der Bremer «Glocke» in Kombination mit historischen Posaunen (1920) von Franz Kuhn, die sich ebenfalls im unveränderten Originalzustand erhalten haben. Nun ist es im sinfonischen Bereich schon länger üblich, mit derart «alten» Instrumenten zu musizieren (etwa bei Les Siècles), aber in Form eines Quartetts (mit je einer Alt- und Tenorposaune sowie zwei Bassposaunen) begegnen diese Zuginstrumente doch eher selten. Im Booklet wird auch der verfolgte Anspruch einer «historisch informierten» Aufführungspraxis beschrieben – wohlgemerkt eine aus den 1920er Jahren.

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #159 – Orgel plus
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Giovanni Sgambati

Giovanni Sgambati

Noch immer hat es die italienische Sinfonik um die Wende zum 20. Jahrhundert schwer, gehört zu werden. Die publikumswirksamere Gattung der Oper scheint nach wie vor alles andere zu überstrahlen. Und so steht auch die Geschichte der Sinfonie Nr. 2 (1883) von Giovanni Sgambati (1841–1914) geradezu beispielhaft für das intensive Bestreben, den musikalischen Kanon zu erweitern, und das nahezu tragische Scheitern an den Bedingungen des Musiklebens. Weder wurde das Werk am 27. Juni 1887 in Köln vollständig uraufgeführt, noch hielt ein großer deutscher Musikverlag sein Wort, die Komposition im Druck

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #158 – Nro. 2
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Cipriani Potter

Cipriani Potter

Obwohl sich in London bereits Ende des 18. Jahrhunderts ein lebhaftes öffentliches Konzertleben entwickelt hatte, waren Werke britischer Komponisten dennoch kaum präsent. Auch nach der Jahrhundertwende griff man eher auf die Partituren von Joseph Haydn zurück (insbesondere auf die sogenannten «Londoner Sinfonien»). Selbst die Gründung der Philharmonic Society im Jahre 1813 setzte zunächst kaum neue Akzente. Mit Ferdinand Ries war lediglich ein weiterer deutschsprachiger Komponist auf den Programmen vertreten. Erst die nachfolgende Generation mit George Alexander Macfarren (1813–1887) und William Sterndale Bennett (1816–1875) sollte sinfonisch eigenständig werden. Dazwischen stehen die

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #156 – Sinfonisches
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Ferdinand Ries

Ferdinand Ries

Ich kann mich noch gut an die 1980er Jahre erinnern, als Werke von Ferdinand Ries (1784–1838) nur gelegentlich auf Schallplatte zu finden waren. Damals stand noch alles im Zeichen und im Schatten Beethovens. Dass Ries aber ebenfalls ein hervorragender Komponist mit einem breiten und reichen Œuvre war, ist erst in den 2000er Jahren ins Bewusstsein gedrungen – und dies vor allem dank der Einspielungen bei den Labels Naxos und cpo. Heute gehört Ries nicht mehr zu den großen Unbekannten, sondern seine Kompositionen werden sehr ernst genommen. So auch von der

Teil 2 von 4 in Michael Kubes HörBar #156 – Sinfonisches
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Trio Boccherini

Trio Boccherini

Betrachtet man die Liste der hier eingespielten Werke, gewinnt man den Eindruck, Ungarn sei ein Land des Streichtrios gewesen. Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass es sich bei den vier eingespielten Werken allein dem Titel nach um zwei Serenaden (László Weiner und Dohnányi), ein Intermezzo (Kodály) sowie ein «Streichtrio» handelt, das Leó Weiner noch als Student an der Franz-Liszt-Akademie komponierte. Es handelt sich um eine Mischung der Gattungen (neutral nach Besetzung vs. atmosphärische offene Form), wie sie sich auch bei László Lajtha (1892–1963) finden lässt. Dieses Phänomen wird freilich

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #155 – Streichtrios
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Leipziger Streichtrio

Leipziger Streichtrio

Man muss schon genau hinsehen. Denn nicht das renommierte Leipziger Streichquartett hat dieses Album eingespielt, sondern das 2019 gegründete Leipziger Streichtrio. War es beim Quartett das Gewandhausorchester, so ist es beim Trio zumindest teilweise das MDR-Sinfonieorchester, das Ort und Namen motiviert. Und dem mit «Leipzig» verbundenen musikalischen Anspruch (ja, den gibt es auch noch im 21. Jahrhundert) werden die drei Herren auf ihrer Debüt-CD vollauf gerecht. Wer bei der Gattung »Streichtrio» noch unsicher ist, was diese strukturell und damit auch klanglich zu bieten hat, wird hier mit Sicherheit auch vom

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #155 – Streichtrios
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Carl Frühling

Carl Frühling

Unbekannt verzogen. So oder ähnlich ergeht es einem, wenn man nach weiterführenden Informationen über Carl Frühling (1868-1937) sucht. Valide Daten und Dokumente zu seinem Leben sind rar und schwer zu finden – eine Aufgabe für die Zukunft, dem konservativen Komponisten mit Kontakten zum späten Brahms-Umkreis eine klarere Physiognomie zu geben. Denn offenbar hat Frühlings selbst (wohl aus Furcht vor dem damals allgegenwärtigen Antisemitismus) Spuren verwischt. So gibt er selbst als Geburtsort nicht Lviv (Lemberg), sondern seine Wahlheimat Wien an. Später verschwimmen seine Spuren ganz. Von seinen Werken ist heute kaum

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #153 – Blumen
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