24. November 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Robert Schumann

Robert Schumann

Die von Clara Schumann bei der Erstausgabe des Requiem op. 148 hinzugefügte Opuszahl gibt fälschlicherweise vor, es würde sich um eine «letzte» Komposition handeln. In der wirklichen Entstehungsgeschichte steht es hingegen in unmittelbarer Nachbarschaft zu der im März 1852 abgeschlossenen Missa Sacra, die bei ihrer posthumen Drucklegung mit «147» eine nicht minder hohe Zahl erhielt. Beide Partituren bezeugen Schumanns nachhaltiges Interesse an Kirchenmusik, deren repräsentative Aufführung ihm als Musikdirektor in Düsseldorf übrigens auch oblag («vier Messen und zwei Aufführungen in der Kirche in der Charwoche»). Beide Werke haben es anhaltend

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Víkingur Ólafsson – from afar

Víkingur Ólafsson – from afar

Die Herausforderung bei heutigen Alben liegt vor allem in der Auswahl der eingespielten Werke. Bei der noch immer auf Tradition setzenden Deutsche Grammophon ist das ganz augenscheinlich. Da prangte auf dem Cover einst das alte goldgelbe Label mit Angaben zu Komponist, Werk und Interpreten. Dann wurde es zu einem Plakat für fett gedruckte Ware, aktuell verschwindet es vielfach in einer der vier Ecken. Mitunter fällt es abe auch schwer, die Fläche mit relevanten Meta-Daten (die im 20. Jahrhundert noch nicht so bezeichnet wurden) zu füllen – wie bei from afar

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Paul Lewis – Johannes Brahms

Paul Lewis – Johannes Brahms

«Über die Titel bin ich mir eigentlich gar nicht im klaren», schrieb Johannes Brahms seinem Verleger über die letzten seiner Klavierwerke. So findet man unter den Fantasien op. 116 erstaunlicherweise eine Folge von Capriccios und Intermezzi, unter den Stücken op. 118 je eine Ballade und Romanze sowie weitere Intermezzi, unter den Stücken op. 119 sind es neben einer Rhapsodie nochmals drei Intermezzi. Das Opus 117 versammelt allein drei Intermezzi. So viele «Zwischenspiele» gab es im 19. Jahrhundert am Klavier wohl nur selten. Und es wird noch komplizierter, denn die Anordnung

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Leif Ove Andsnes – Antonín Dvořák

Leif Ove Andsnes – Antonín Dvořák

Dvořák auf dem Klavier? Tatsächlich ist dieser Teil seines Œuvres nahezu unbekannt (wie übrigens auch viele seiner anderen Werke). Auch wenn Dvořák nach Auskunft seines Schwiegersohns Josef Suk kein virtuoser Pianist war, so trat er doch gelegentlich mit Kammermusik öffentlich auf. Sein Schaffen für Klavier aber hat es kaum auf die Pulte geschafft – und auch dieses Album mit den Poetischen Stimmungsbildern op. 85 verdankt sich nur den stillen Monaten der Corona-Zeit, in denen Leif Ove Andsnes die Zeit hatte, sich intensiv mit den 13 Stücken auseinanderzusetzen. Und da ist

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Krystian Zimerman – Karol Szymanowski

Krystian Zimerman – Karol Szymanowski

Viele Instrumentalisten lassen sich mit ihrem Instrument ablichten – und diese Portraits gleichen damit ein wenig den Heiligen-Darstellungen aus dem Mittelalter, denen (zur besseren Identifikation) immer ein wiedererkennbares Attribut beigegeben wurde. In der Musikwelt ist es ähnlich: Klavier, Violoncello, Harfe oder Taktstock grenzen ein und spezifizieren zugleich. Und so widmet sich die HörBar in dieser Woche einmal fünf Pianisten „am Klavier“ mit jeweils charakteristischen Programmen. Den Anfang macht Krystian Zimerman mit Musik von Karol Szymanowski (1882–1937), dessen Préludes, Mazurken etc. eher selten auf den Pulten aufliegen. Obwohl sie deutlich in

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Édouard Lalo – Dmitry Smirnov

Édouard Lalo – Dmitry Smirnov

Ein wunderschöner Titel ziert das Album, denn wer möchte nicht auf Reisen gehen oder dazu eingeladen werden? Ob es dann aber wirklich in einem der kleinen Fischerboote sein muss, die sich eher für einen Ausflug in den Sonnenuntergang eignen? Angespielt wird mit dem Motto jedenfalls nur auf den eröffnenden Gesang von Henri Duparc (1848–1933), der hier (wie auch einige weitere kleine Stücke) für Violine und Orchester arrangiert wurde. Allerdings finden sich im Booklet zur weiteren poetischen Durchbringung lediglich Charles Baudelaires Verse (und diese nur im französischen Original). Schade. Im Zentrum

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Frank Bungarten

Frank Bungarten

Im «klassischen» Konzertleben ist die Gitarre nur selten anzutreffen. Mit ihrem intimen Ton ist sie ein Instrument der kleinen Räume, wenn nicht gar des Salons – sofern man es mit der großen Literatur des 19. Jahrhunderts ernst meint. Dann stößt man sofort auf den Namen von Fernando Sor (1778–1839), der mit einfachen Stücken und bissiger Ironie die Bedürfnisse anspruchsloser Zeitgenossen befriedigte, mit seinen großformatigen Kompositionen aber sowohl technisch wie auch formal die Grenzen sprengte. Der Lebensweg führte ihn von Barcelona über Paris und London nach Moskau, dann über Berlin wieder

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forgotten Instrument

forgotten Instrument

Fast alle Instrumente, die heute weltweit verbreitet sind, haben eine lange Tradition und eine weitgehend standardisierte Form. Dennoch wurden und werden immer wieder neue Instrumente erfunden, so auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Wien. Hier kam es zu einer interessanten Neuentwicklung, dem Arpeggione, der zweifellos auch die Zeit des Biedermeier widerspiegelt. Bei diesem 1823 vorgestellten Instrument handelt es sich um eine Mischung aus Gitarre und Violoncello, also um eine Streich- oder Bogengitarre, die aber auch als Guitarrenvioloncello bezeichnet wurde. Konstruiert wurde das in nur einem Exemplar erhaltene Instrument von

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forgotten sounds

forgotten sounds

In diesem Fall ist der Titel des Albums nicht das Ergebnis einer kreativen Eingebung oder eines Zufalls, sondern er nimmt (in Übersetzung) den Namen einer Komposition von Charles Martin Loeffler (1861–1935) auf: Timbres oubliés. Ursprünglich für Singstimme und Harfe komponiert, erklingt das Stück hier «ohne Worte» und dennoch sehr beredt auf der Klarinette. Es handelt sich allerdings eher um eine Zugabe, wie auch Debussys bekanntes Prélude, das hier die Funktion einer Introduktion übernimmt. Dennoch liegt die Spielzeit des Albums mit 45 Minuten deutlich unter dem Durchschnitt. Im Zentrum steht Loefflers

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Vergessene Lieder, vergessene Lieb

Vergessene Lieder, vergessene Lieb

Es ist ein Album mit sehr persönlichen Erinnerungen, das die Schweizer Sopranistin Melanie Adami vorlegt. Eingesungen wurden Lieder ihres Urgroßvaters Willy Heinz Müller (1900–1974), der in Winterthur und St. Gallen vielleicht nicht ganz vergessen wurde (in Wintherthur gründete er das Kammerorchester), ferner einzelne Gesänge vier weiterer Komponisten, die innerhalb der Familie in einem Notenkonvolut überliefert wurden. Dass diese gänzlich vergessenen Lieder erst jetzt zum Vorschein kommen, ist der «Kulturpause» von 2020 zu verdanken – eine Zeit, in der wohl alle liegen gebliebene Sachen einmal durchgeschaut haben und das eine oder

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Orgel + Violoncello

Orgel + Violoncello

Schon die Liste der eingespielten Sätze und Werke verrät es: Hier steht die Andacht im Vordergrund. Und tatsächlich bestätigt sich dieser Eindruck beim Lesen des informativen Booklets. Die darin vorgestellten Kompositionen für Violoncello und Orgel erscheinen heute wie eine abseitige Nische des Dresdner Musiklebens des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wobei sie damals offenbar präsenter waren, als man vermuten kann. „Spezialist” für diese außergewöhnliche Besetzung war Oskar Wermann (1840–1906). Er stammte aus einfachen Verhältnissen und musste sich vieles mühsam erarbeiten, um im Alter von 36 Jahren zum Kreuzkantor berufen zu werden. Einer

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Orgel + Posaune

Orgel + Posaune

Eigentlich ein interessantes Album. Denn es erklingt die historische Sauer-Orgel (1928) aus der Bremer «Glocke» in Kombination mit historischen Posaunen (1920) von Franz Kuhn, die sich ebenfalls im unveränderten Originalzustand erhalten haben. Nun ist es im sinfonischen Bereich schon länger üblich, mit derart «alten» Instrumenten zu musizieren (etwa bei Les Siècles), aber in Form eines Quartetts (mit je einer Alt- und Tenorposaune sowie zwei Bassposaunen) begegnen diese Zuginstrumente doch eher selten. Im Booklet wird auch der verfolgte Anspruch einer «historisch informierten» Aufführungspraxis beschrieben – wohlgemerkt eine aus den 1920er Jahren.

This entry is part 2 of 5 in the series HörBar #159 – Orgel plus
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