20. Februar 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Schubert & Liszt / Leonardo Pierdomenico

Schubert & Liszt / Leonardo Pierdomenico

Bereits 1840 richtete sich Franz Liszt die Winterreise von Franz Schubert für Klavier ein – eine Transkription, mit der er nicht nur die musikalische Substanz neu interpretierte und durch virtuose Passagen anreicherte, sondern auch dem im Original 24 Lieder umfassenden Zyklus eine andere Wendung gab. Denn Liszt bearbeitete nur zwölf Gesänge aus den beiden Teilen und fügte sie nach einer eigenen Dramaturgie neu zusammen: Auf die eröffnende Gute Nacht folgt bereits Die Nebensonnen, später stehen Lindenbaum und Leiermann zusammen, am Ende kehrt der Wanderer mit Im Dorfe an den Ausgangspunkt

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #145 – Bäume im Winter
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Winterreise / Florian Götz

Winterreise / Florian Götz

Eine Reise im Winter ist immer auch eine Reise durch eine Landschaft, die sich in karge Farben hüllt. Oft genug handelt es sich dabei um eine feine Abstufung von Grautönen, auf jeden Fall dominieren in den dunklen Monaten des Jahres weniger intensive Töne – es sei denn, man hat das Glück, an einem wirklich klaren Tag weit über den eigentlichen Horizont hinausschauen zu können. Eine Reise durch die kahle Natur unternimmt auch Franz Schubert mit seinem Liederzyklus Winterreise, dessen Fahrt in die buchstäbliche Erstarrung in den letzten Jahren in zahlreichen

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #145 – Bäume im Winter
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Ewald Sträßer / Gudrun Höbold

Ewald Sträßer / Gudrun Höbold

Man darf sich von den internationalen Metadaten und dem Cover dieses Albums nicht irritieren lassen. Denn der Komponist Ewald Sträßer (1867–1933) unterschrieb selbst mit Umlaut und Scharf-S, während die heute gängigen Angleichungen bereits 1918 auf dem Titelblatt seiner Violinsonate D-Dur op. 32 vorgenommen wurden – dort allerdings, so scheint es, eher typographisch motiviert. Er ist einer der niederrheinischen Komponisten in der Nachfolge von Johannes Brahms, dabei aber in Ausdruck und Grammatik keinesfalls konservativ. Nach einem erfolgreichen dreitägigen Musikfest in Köln, das ausschließlich seinen Werken gewidmet war (1917, inmitten des Ersten

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
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Bartók, Enescu, Achron / Tassilo Probst

Bartók, Enescu, Achron / Tassilo Probst

Offenbar hat man sich nicht stressen lassen. Denn wie es gelegentlich passiert, wurde die maximale Spielzeit-Kapazität der CD bei der Aufnahme überschritten. Es soll schon Einspielungen gegeben haben, bei denen in der Postproduction ein wenig gezaubert wurde, indem die Musik unter Beibehaltung der Tonhöhe unmerklich «beschleunigt» wurde, bis es passte. Nicht so hier: Mit insgesamt etwas mehr als 85 Minuten wurde das Ziel zwar knapp verfehlt, aber nichts verändert (im Streaming sind diese Timelines ohnehin egal). Und dieses Doppelalbum ist eine echte Überraschung. Mit ihm setzt Tassilo Probst bei seinem

Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
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Saint-Saëns / Cecilia Zilliacus

Saint-Saëns / Cecilia Zilliacus

Vielleicht ist Camille Saint-Saëns (1835–1921) der (un)französischste Komponist unter seinen französischen Kollegen. Seine Sinfonien und Sonaten sprechen eine ganz eigene Sprache und huldigen nicht dem damals weit verbreiteten «Wagnérisme». So auch die beiden hier eingespielten Sonaten von 1885 und 1896, die mit einer wunderbar klassizistischen Attitüde eine Klarheit in Struktur und Klang aufweisen, für die man Jahrzehnte zurückgehen muss. Sie wirken heute noch aktuell, entlasten das Ohr und kommen zum Kern – etwas, womit Saint-Saëns in der Öffentlichkeit freilich bisweilen zu kämpfen hatte. Über seine zweite Sonate notierte er noch

Teil 2 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
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Dohnányi & Strauss / Hellen Weiß

Dohnányi & Strauss / Hellen Weiß

Ein Album, das einen weiten Bogen über das Repertoire der Violinsonate an der Wende zum 20. Jahrhundert spannt, die nach Brahms und wenigen Einzelwerken damals kaum präsent ist. Denn diese Besetzung und Gattung ist (im Gegensatz zum Streichquartett) zu dieser Zeit sicherlich kein Innovationsträger der Musikgeschichte. Umso interessanter sind die individuellen Ausformungen der Spätromantik – oder besser: eines Stils, der sich durch Intensivierung des Ausdrucks, tonal gebundene Harmonik sowie individuelle und nationale Idiome definieren lässt. So auch bei den hier von Hellen Weiß eingespielten, technisch anspruchsvollen Kompositionen von Ernst von

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
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Johannes Brahms / Sheila Arnold

Johannes Brahms / Sheila Arnold

Ebenfalls eine rein digitale Produktion, aber mit den gewohnt fundierten Daten und mehr, selbst nachdem das Label CAvi vor kurzem unter das Dach eines «universellen» Grossisten gezogen ist. Der aber kann oder will über sein markantes gelbes Star-Label solch wundervolle Produktionen nicht vermarkten. Gut also, dass es weiterhin Nischen für Nischen gibt. Denn Brahms auf einem Blüthner-Flügel aus dem Jahre 1862 (einem «Salonflügel») klingt doch anders, als man es im Konzert oder aus dem Lautsprecher gewohnt ist. Massen wird man damit nicht begeistern können. Wer aber Ohren hat zum Hören,

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #142 – Am Klavier
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Franz Schubert / Paul Lewis

Franz Schubert / Paul Lewis

Mit diesem Album geht nach fast 20 Jahren eine lange Reise zu Ende. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Aufnahmen, auf die ich damals eher zufällig in der großen CD-Abteilung von NK in Stockholm stieß (und ja, auch die ist inzwischen geschlossen). Es waren überraschend frische Aufnahmen der letzten Sonaten von Schubert, gespielt von dem mir damals völlig unbekannten Paul Lewis. An seinem Zugang zu dieser ganz eigenen Ausdruckswelt hat sich bis heute nichts verändert – zwischen souverän gelassener Poesie, eindringlich bohrender Dramatik und einem transparenten Spiel, das

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #142 – Am Klavier
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72 Preludes / Mao Fujita

72 Preludes / Mao Fujita

So kann man ein neues Jahr beginnen! Nicht (nur) mit einem Blick zurück, sondern auch mit einem Blick nach vorn, wie in diesem Doppelalbum und den versammelten 72 Préludes. Dabei bedeutet der Blick nach vorne nicht die Verleugnung des Gewesenen und Gehörten. Das macht für mich Mao Fujita als Jungstar am Klavier auf wirklich überraschende und faszinierende Weise deutlich. Chopin wird nicht romantisch überhöht, sondern von Bachs Wohltemperiertem Klavier aus weitergedacht. Die vielfältigen musikalischen Emotionen erscheinen in präziser Klarheit, ebenso gezügelt wie befreit. Ein Glücksfall für diesen so oft gespielten

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #142 – Am Klavier
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Liszt / Mark Viner

Liszt / Mark Viner

Eine Sammlung von zwölf Klavierstücken, die man nicht ohne weiteres mit Franz Liszt in Verbindung bringen würde. Dabei hat es sich der Tasten-Virtuose mit der Komposition von Weihnachtsbaum nicht gerade leicht gemacht – zwischen 1873/74 und 1882 entstanden insgesamt vier Fassungen für zwei Hände und weitere für zwei Klaviere. Nicht alle seine Werke haben so viel Aufmerksamkeit und Vielgestaltigkeit erfahren. Im Erstdruck mit dem Hinweis «zumeist leichter Spielart» versehen, erfordern die Stücke schon eine gewisse Souveränität im gestaltenden Spiel; sonst drohen einige der bearbeiteten Weihnachtsweisen (In dulci jubilo, Adeste fideles)

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #141 – Weihnachten
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Grete von Zieritz

Grete von Zieritz

Seit einigen Jahren stehen Komponistinnen und ihre Musik hoch im Kurs – auf Alben, im Konzertsaal, selbst bei Verlagen. Viele (Wieder-)Entdeckungen konnten gemacht werden, auch mediokre Partituren waren dabei (wie eigentlich immer, auch bei Komponisten). Ein großer Name tauchte bisher freilich kaum auf, auch nicht bei repräsentativen Konzertreihen oder innovativen Festivals: der von Grete von Zieritz (1899–2001). Aus Österreich stammend, fand sie bereits 1917 in Berlin ihre ideale Wirkungsstätte. Zwischen 1926 und 1931 besuchte sie die Meisterklasse von Franz Schreker, der damals ehrlich (aber für uns unbeholfen in der Wortwahl)

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #140 – :innen
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Pierre Boulez / Arnold Schönberg

Pierre Boulez / Arnold Schönberg

Wenn es schon zu einem 150. Geburtstag keine aktuelle Gesamteinspielung gibt, dann werden eben die Altbestände befragt. So heuer bei Arnold Schönberg – und damit in deutlicher diskographischer Abgrenzung zu Mozart, Beethoven sowie (überraschenderweise) Strawinsky. Auch das Label Sony lebt von der Erbschaft oder dem Ankauf alter Archive und legendärer Aufnahmen, in diesem Fall der Einspielungen aus den 1970er und 1980er Jahren bei der Columbia unter der Leitung von Pierre Boulez. Diese Aufnahmen prägten vermutlich eine ganze Generation – mich eingeschlossen. Präzise, nüchtern, analytisch, pointiert, aber auch mit einer gewissen

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #139 – Schönberg 150
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