22. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Silent Explosion Orchestra – Portraits of New York City

Silent Explosion Orchestra – Portraits of New York City

Was für ein Name für eine Big Band: Silent Explosion Orchestra. Dabei handelt es sich um ein deutsches Gewächshausorchestra, das „einige der talentiertesten jungen Jazzmusiker von Saarbrücken über Mannheim und Mainz bis nach Köln“ vereine, wie man auf der Website der Kapelle lesen kann. Still explodiert hier aber eher nichts. Überhaupt explodiert selten etwas. Man kann ohne mit den Haaren in den Ohren earzubangen sagen: Solide Arrangements, solides Spiel mit den zwingend nie ausbleibenden Brass-Parallel-Phrasen; meistens jedenfalls. Das Ensemble hat sich nicht weniger attraktiv an New York City Portraits probiert.

Weiterlesen
Pride / I Hate Work

Pride: I Hate Work

Ich auch. Ich auch. Darum machen wir es kurz: Repunkisierung via Jazz. Das Trio nimmt sich ein Punk-Album von MDC aus dem Jahr 1982 mit dem Titel „Millions of Dead Cops“ vor. Das geht natürlich in die Hose. Muss es auch. Soll es auch. Geht eben gar nicht. Autsch, knirsch, quiiiiitsch. Und irgendwie dann doch, didil-didumm. Man muss nur alles von links auf noch mehr links drehen, durch Jazzidiomatiken quetschen und ordentlich wolfen. Heraus kommt ein eigenartiges Sammelsurium an Pogopostmoderne, was man sich nicht unbedingt zweimal anhören möchte, sondern gar

Weiterlesen
Slowfox: Freedom

Slowfox: Freedom

Slowfox sind das Trio Hayden Chisholm (sax, fl), Philip Zoubek (p,moog) und Sebastian Gramss (b, comp), die mit diese Aufnahme eine ganz aparte, schummerige Platte vorlegen, die so kammermusikalisch intim klingt, wie selten etwas. Teils in komplexer Song-Struktur, die dann aber doch durchschaubar auftritt. Virtuos ist alles ohne dabei diesen Eindruck selbst zu erwecken. Kompositionen wie Freedom leben in dieser Zurückgezogenheit des Ausdrucks, dieser Druckarmut mit hoher Intensität gleichwohl. Keine musikalische Prosa: Hier spricht das „lyrische Wir“ aus den Kompositionen. Die Titel der 15 Einzelstücke entstehen, wenn man das Plattenmotto

Weiterlesen
Hildenbrand: Mater

Hildenbrand: Mater

Im September 2020 hat sich Hub Hildenbrand für die Aufnahmen seines Mater-Zyklus in die Dorfkirche von Woddow begeben. Das ist ein kleines Dorf der Uckermark mit ca. 109 Einwohnern. „Die Saalkirche wurde in sauber gequadertem Feldsteinmauerwerk während der Ostkolonisation in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut,“ steht im Wikipedia-Eintrag. Warum das gesagt wird: Nun die von Hildenbrand hier zelebrierte Musik klingt nach „steinalt“ – nach archaischer, erdiger, schwebender Musik, die sich so wunderbar freispielt, wie sie zugleich doch wie verankert und gesichert wirkt. Hildenbrand erschafft hier mit ganz wenig

Weiterlesen
mikroPULS

mikroPULS

Die Platte hatte sich in einem Haufen anderer CDs versteckt und kam nun zum Vorschein. Aber lieber spät als nie. Und man kann es auch sogar ganz kurz machen. Nöligkeit kann so erfrischend klingen, wenn man sie nur wirklich zulässt. Jedenfalls erzeugt der Einsatz von Mikrotonalität hier gerne diesen Sprung im Downgrade von Ekstase. Da wird schon mal eine Tonleiter abwärts zum Ereignis wie in „Head Quarter“ und zur Herausforderung ans Ohr. Was ist es? Mikrotonale Verschiebungen sind wir sehr gewohnt zu hören in der direkten Abweichung. Die alten nach

Weiterlesen
Yttredal & Bonati: Some Red, Some Yellow

Yttredal & Bonati: Some Red, Some Yellow

Klanggewobenes mit jeweils ganz wenig Spielmaterial. Klanggeflechte schwebend. Das Duo Yttredal / Bonati präsentiert sich in aller souveräner Bescheidenheit und lässt den Klanggeschehen freien Lauf, jedenfalls wirkt es so. Dabei ist so viele zugelcih auch anders und präzise komponierend gehört. Ein „Wohin des Wegs, lieber Ton? Mach‘ nur Deine Runde, du kleine Tongestalt“ im Zweiklang im Volkston (Incanto) oder in schimmernden Ton-Vorhang. Dahinter lugt er wieder mal hervor und entschwindet im nächsten oder übernächsten Moment. Der Musik dieses Duos wird man sich nur schwer entziehen können. Die ist so fragil,

Weiterlesen
Claudio Scolari Project: Cosmology

Claudio Scolari Project: Cosmology

Es scheint eine große Sehnsucht nach dem Kosmos zu geben. Die Erde ist schon zu klein, oder vielleicht gilt sie auch schon nicht mehr als Ort, an dem es für länger zu leben und zu musizieren lohnt. Da geht mal raus und fangt an damit, Luft von anderem Planeten zu fühlen. Oder Duft von schwarzen Löchern, Geruch von Dunkler Materie. Mit Mega kommt man nicht mehr weit, es muss schon Hyper sein. Das Claudio Scolari projektiert also eine „Cosmology“ auf silbernem Datenträger. Einsen und Nullen ergänzen sich zu digitalen Hüllkurven.

Weiterlesen
Subway Jazz Orchestra: Still Screaming

Subway Jazz Orchestra: Still Screaming

Jetzt aber am Ende der Woche noch einmal richtig guten Dampf ablassen. Das Wunderwerk einer BigBand oder eines Jazz Orchestra bemisst sich auf der nach oben offenen Trötz- und Spotzskala anhand einer komplexen Formel aus Dichte mal Druck. Es handelt sich damit um ganz klar präzise zu bestimmende Faktoren. Wobei es durchaus auch negative Dichte gibt, die in Form einer Varianz zu fassen ist. Das Subway Jazz Orchestra ist in beiden Bereichen durchaus in einer Spitzengruppe zu sehen und zu hören. Negativ in so eine Bewertung fällt allein die Anzahl

Weiterlesen
Kellhuber: Contemporary Chamber Music

Kellhuber: Contemporary Chamber Music

Man muss eigentlich nur die ersten 20 Sekunden Musik hören, dann hat man schon alles gehört, was man hören muss. Ich habe die Tonfolgen beim Spazierengehen wie ein Ohrwurm im Gehörgang. Die Musik des Pianisten ist so kondensiert und präzise, das wird auf der Stelle klar, wenn man dieses erste Stück der „Contemporary Chamber Music“ hört. Chamber Music? Es ist ein Solo am Piano über 10 Strecken. Gewiss nicht alle so konzentiert und kondensiert wie bei Part I. Chamber Music ist es nicht so sehr, eher ein ganz tolerantes Spiel

Weiterlesen
Düppe: The Beat

Düppe: The Beat

Willkommen im neuen rhythmischen Testament. Was für ein Album aus dem Nichts heraus, so scheint es. Innerhalb des NEUSTART Kultur-Programms realisiert. Und was gut! Und mit welchem Anspruch. „Im Anfang war der Beat …“ und der Beat war bei Jens Düppe. Und Jens Düppe hörte, dass es gut war. Und Odilo Clausnitzer ebenso und der Rezensent ebenfalls. Alles archaisch, generisch und utopisch. Der Promotiontext holt aus von der Genesis und landet nicht zufällig bei einem „tractatus drumologico metaphysicus“. Aus Beat wird Mus. Aus dem wird Rhyth …  Da bleibt kein

Weiterlesen
Muriel Grossmann – Reverence

Muriel Grossmann – Reverence

Was für eine musikalische Energie und Klang- und Rhythmus-Suppe sich gleich mit dem ersten Track „Okan Ti Aye“ augenblicklich ausbreitet. Die seit 2004 in Ibiza lebende Französin Muriel Grossmann hat hier etwas gewebt, das die Grafik des Covers verheißt. Verschlungene, saftige und doch auf einem einfachen Melos beruhendes buntes Gewusel. Das hält nicht die ganze Platte über so extrem konspirativ an. Doch über weite Strecken. Ibiza wirkt plötzlich gar wie ein Brennpunkt musikalische Weltkultur. Besonders aber referenziert die Musik auf diejenige des afrikanischen Kontinents. Sowohl in rhythmischer Gestaltung wie auch

Weiterlesen
Philipp Wisser – Just a Glimpse

Philipp Wisser – Just a Glimpse

Man muss nicht überall große Wort dazu machen. Da machen fünf Männer eine CD an der man nichts auszusetzen haben kann, außer, dass man an ihr nicht einmal etwas aussetzen kann. Die Tracks murkeln so vor sich hin, mal im Chorus, mal wieder solistisch, alles im Lot soweit. Ja. Läuft durch. Könnte aber auch alles ganz anders sein. Philipp Wisser – Just a Glimpse Ruven Weithöner – trumpet, flugelhorn Christoph Klenner – tenor saxophone Philipp Wisser – electric guitar Malte Winter – electric bass Marvin Andrä – drums Jazzsick Records

Weiterlesen