Was die knapp 80 Minuten umfassende Reise mit Dmitry Smirnov durch den französischen (und am Rande auch russischen) Klangkosmos so faszinierend macht, ist nicht nur sein warmer, gerader und ausdrucksstarker Violinton (vor allem auf den tiefen Saiten), sondern auch die genau ausgehörte Orchesterpartitur: keine beiläufige Pflichtübung vor den Mikrophonen, sondern eine in jedem Detail gestaltete Begleitung, die das Programm so vom Verdacht des bloßen Star-Shootings befreit. Zudem erklingt nicht etwa Lalos Symphony espagnole, sondern sein noch ganz im klassischen Sinne gestaltetes Konzert Nr. 1 op. 20 (1873), ferner das vierte und letzte op. 29 (1879), das wegen seiner verwendeten Melodik den Beinamen Concerto russe trägt. In so berückender Klarheit interpretiert, stellt sich die Frage, ob bald auch die beiden anderen Konzerte noch folgen werden – darunter dann die Fantaisie norvégienne, mit der sich das hier schlüssig umgesetzte Konzept noch weiterschreiben ließe.
L’invitation au voyage
Edouard Lalo. Violinkonzert Nr. 1 F-Dur op. 20; Violinkonzert Nr. 4 op. 29 «Concerto russe»; Henri Duparc. L’invitation au voyage, arr. für Violine und Orchester; Camille Saint-Saëns. Introduktion et Rondo capriccioso op. 28; Nikolai Rimsky-Korsakow. «Zvon Kolokol v Evlascheve Sele» und «Zvonili zvoni v Novgorode» aus «Chants russes» op. 24, arr. für Violine und Ensemble; Modest Mussorgsky. Svetik Savishna, arr. für Violine und Ensemble
Dmitry Smirnov (Violine), Kammerorchester Basel, Heinz Holliger
Prospero PROSP 0071 (2022)