1. Mai 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Hans Gál

Hans Gál
Hans Gál
Trotz seines langen Lebens ist es um Hans Gál (1890–1987) merkwürdig ruhig geblieben. Nach Studien im post-Brahms-Umfeld und einem Opern-Erfolg (Die heilige Ente, 1923) wurde er 1929 Direktor des Mainzer Konservatoriums. Von den Nationalsozialisten 1933 des Amtes enthoben, wandte er sich zunächst wieder nach Wien, ging dann nach Großbritanien und fand ab 1945 im schottischen Edinburgh eine neue Wirkungsstätte. Anschluss an die jeweils aktuellen stilistischen Entwicklungen fand er nach keinem der beiden Weltkriege. Vielmehr entwickelte Gál eine ganz eigene Sprache, der er auch treu blieb: tonal geprägt und aus dem 19. Jahrhundert kommend, angereichert mit Ausdruck und bisweilen auch kontrapunktischer Arbeit, mit Charakter und doch nie romantisch verklärt.

So wird dieses Album mit drei Concertinos und einer Streicherserenade zu einer Entdeckungsreise durch das Œuvre. Die zwischen 1934 und 1965 entstandenen Werke wirken auf ihre Weise zeitlos und erzählen dabei eine Musikgeschichte ohne Brüche. So reiht sich die Serenade fast nahtlos in die bekannte Werkfolge ein (und ich wünschte, sie wäre öfter auf den Programmen zu finden), bei den Concertinos verdeckt das Diminutiv den oft dunklen, ernsten, zumindest nachdenklichen Ansatz der Musik. So etwa zu Beginn des Concertinos für Violoncello op. 87 oder in Teilen des einsätzigen Concertinos für Violine op. 52 – Werke, in denen die reine Streicherbegleitung einen besonderen, samtigen Klang erzeugt. Das Concertino für Klavier (1934) hat dagegen einen neoklassizistischen Einschlag, die Sicilienne wirkt wie eine geniale Coverversion des berühmten Fauré-Satzes. – Gál soll später einmal gesagt haben: «Ich hatte zu wenig mit meinen Zeitgenossen gemeinsam.» Das bestätigen auch die genau ausgehörten Interpretationen dieses Albums, die die Partituren in ein helles Licht rücken und ein großartiges Plädoyer darstellen. – PS. Die bei Spotify ausgespielten Meta-Daten sind aktuell nicht korrekt.

Hans Gál. Concertino für Violoncello und Streichorchester op. 87 (1965); Concertino für Klavier und Streichorchester op. 43 (1934); Concertino für Violine und Streichorchester op. 52 (1939), Serenade für Streichorchester op. 46 (1946)
Nina Karmon (Violine), Justus Grimm (Violoncello), Oliver Triendl (Klavier), Sinfonietta Riga, Normunds Šne

hänssler classic HC 23049 (2023)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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