10. Oktober 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

The Zilliacus Quartet / Grieg, Maier, Röntgen

The Zilliacus Quartet / Grieg, Maier, Röntgen
The Zilliacus Quartet / Grieg, Maier, Röntgen
Auf diesem Album sind nicht nur drei Streichquartette eingespielt, vielmehr wird mit ihnen eine persönliche Geschichte zwischen drei Komponist:innen aus den letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts erzählt. Darin geht es zum einen um den Holländer Julius Röntgen (1855–1932) und die aus Schweden stammende Amanda Maier (1853–1894), zum anderen um Edvard Grieg (1843–1907). Röntgen und Maier lernten sich am Leipziger Konservatorium kennen und heirateten, später verband sie eine enge Freundschaft mit Edvard und Nina Grieg. Und die Werke? Amanda Maier hinterließ bei ihrem viel zu frühen Tod ein unvollständig ausgearbeitetes Streichquartett, das Julius Röntgen revidierte, und als Grieg starb, fanden sich in seinem Nachlass überraschend zwei fertige Sätze für Streichquartett und Skizzen für zwei weitere. Auch hier war es Julius Röntgen, der die Sache vervollständigte und zum Druck beförderte.

Das Streichquartett Nr. 12 gis-Moll (1927) von Julius Röntgen entstand deutlich später und fällt damit ein wenig aus dem skizzierten Rahmen, fügt sich aber stilistisch fast nahtlos ein. Denn Röntgen, der neben vielen anderen Partituren allein 29 (!) Quartette komponierte, blieb der Sprache des 19. Jahrhunderts treu und führte sie abseits aller zeitgenössischen Experimente mit sicherem Gespür für den Tonsatz in einer Weise fort, die eine stark klassizistisch geprägte Möglichkeit des Komponierens offenbart. Bei der Einspielung des Quartetts von Amanda Maier-Röntgen handelt es sich nicht um die erste Begegnung der Geigerin Cecilia Zilliacus und der Musik von Amanda Maier-Röntgen – insofern folgt das Album nicht dem aktuellen Trend. Davon zeugen auch die sorgfältigen, werbenden Interpretationen dieser Werke vom Rand des Repertoires. Die Mikrophone wurden nicht zu dicht vor das Ensemble platziert, so dass eine leichte, natürliche Räumlichkeit entsteht. Ein erstaunliches Album, das auch zum Nachdenken über «Musikgeschichte» anregt.

Edvard Grieg. Streichquartett Nr. 2 F-Dur; Amanda Maier-Röntgen. Streichquartett A-Dur; Julius Röntgen. Streichquartett Nr. 12 gis-Moll (1927)
The Zilliacus Quartet

dBProductions dBCD 207 (2022)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #129 – Streichquartette