21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Mozart. Violinkonzerte / Gottfried von der Goltz

Mozart. Violinkonzerte / Gottfried von der Goltz
Mozart. Violinkonzerte / Gottfried von der Goltz
Sie gehören noch immer zu den Lieblingen des Publikums, sind aber unter Musikern als Probestücke beim Vorspiel gefürchtet. Denn Wolfgang Amadeus Mozart fordert in seinen Violinkonzerten technische Makellosigkeit wie interpretatorische Reife. Der Solopart liegt so offen, dass jeder Schnitzer, jede Ungenauigkeit sofort hörbar wird und ohne zielbewussten Blick nicht nur die kantablen Bögen, sondern auch die längeren Passagen in sich zusammenbrechen können. Aufregend wird es daher auf dem «Plattenteller», wenn sich ausgewiesene Spezialisten aus der Alten Musik-Szene dieser Werke annehmen. Der um vieles schmalere und schwieriger zu gestaltende darmbesaitete Ton vermehrt die Herausforderungen, befreit aber auch von falschen (oder als falsch empfundenen) Traditionen.

Tatsächlich erscheinen die Konzerte in dieser Einspielung mit Gottfried von der Goltz und dem Freiburger Barockorchester über weite Strecken wie im «slim fit». Schmal ist der Ton, und auf der G-Saite wird nicht dick aufgetragen. Mehr noch als sonst ermöglicht die Durchsichtigkeit aller Stimmen eine Offenlegung jeder einzelnen Phrase, jedes einzelnen Tons, jedes Bogenstrichs. Gottfried von der Goltz verblüfft damit, geht aber auch ein hohes Risiko ein, denn nicht jede Verzierung, nicht jede Kadenz fügt sich nahtlos ein. Andererseits sind es gerade die Couplets im Rondeau des «Straßburger» Konzerts (KV 216), die nicht aufgesetzt wirken, sondern mit den Farben des Instruments spielen. Als Besonderheit der Produktion wird der von Kristian Bezuidenhout (der auch die Leitung inne hat) auf dem Nachbau eines Walter-Flügels improvisierte Klavierpart angegeben. Eine sehr interessante Erweiterung und vielfach Bereicherung des Farbspektrums, die die Werke etwas mehr nach «Wien» als nach «Salzburg» klingen lassen und sie von innen heraus beleben und bereichern.

Wolfgang Amadeus Mozart. Konzert für Violine und Orchester G-Dur KV 216; Konzert für Violine und Orchester D-Dur KV 218; Konzert für Violine und Orchester A-Dur KV 219
Gottfried von der Goltz (Violine), Freiburger Barockorchester, Kristian Bezuidenhout

Aparté AP 299 (2021)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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