21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Friedrich II. / Gian-Luca Petrucci

Friedrich II. / Gian-Luca Petrucci
Friedrich II. / Gian-Luca Petrucci
Friedrich II. und Johann Joachim Quantz teilen musikalisch dasselbe Schicksal: Entgegen der einen oder anderen Legende und dem mit erheblichem zeitlichen Abstand durch Adolph von Menzel geschaffenen großformatigen Gemälde Flötenkonzert in Sanssouci (1852) ist kaum eines ihrer vielen dutzend Werke ins (Konzert-) Repertoire eingegangen (eine beliebte und in moderner Ausgabe erhältliche Triosonate von Quantz ausgenommen). Bei Friedrich II. sollen es nach Philipp Spittas Zählung 121 Sonaten und vier Konzerte sein – ein womöglich noch zu hebender Schatz…

…auch für Interpreten. Tatsächlich ist es sowohl zum 200. Geburtstag (2012) als auch danach erstaunlich ruhig um diesen Werkbestand geblieben. Dabei wäre er besonders wegen seiner Verortung zwischen den Epochen von Interesse – nicht nur stilistisch und damit kompositionstechnisch, sondern auch von aufführungs-praktischer Seite. Wer nun allerdings von der aktuellen Einspielung mit neun So-naten frischen königlichen Klang erwartet hat, wird bitter enttäuscht. Eher ist es interpretatorisch eine Art «Alterswerk», das aus der Zeit gefallen ist: ein eher müde intoniertes, zudem langweilig gespieltes Cembalo, dazu eine moderne Querflöte, die allzu brav, gelegentlich gar bremsend das Notierte exekutiert. Offensichtlich greifbar wird dies in der Sonate c-Moll (Nr. 84) mit ihrem rhetorisch fordernden instrumentalen Rezitativ als Gradmesser für jede Neuinterpretation besonders im Vergleich mit der mehr als zehn Jahre alten richtungweisenden Einspielung von Christoph Huntgeburth / Raphael Alpermann (harmonia mundi, 2012). Ernüchternd.

Friedrich II. Neun Sonaten für Flöte und Basso Continuo Es-Dur (Nr. 6), c-Moll (Nr. 9), A-Dur (Nr. 12), a-Moll (Nr. 14), e-Moll (Nr. 48), C-Dur (Nr. 82), c-Moll (Nr. 84), d-Moll (Nr. 107), h-Moll (Nr. 120)
Gian-Luca Petrucci (Flöte), Paoloa Pisa (Cembalo)

Brilliant Classics 96538 (2021)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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