
Wohl bereits 1716 in London entstanden, doch erst 1719 in Hamburg erstmals öffentlich aufgeführt, geht Händels Partitur der Brockes-Passion kompositorisch in die Vollen. Zwar ist sie im Orchester etwas kleiner besetzt, doch durchzieht sie (und dies vor allem in den Arien) ein Stil, der von der italienischen Oper geprägt ist – so sehr übrigens, dass Händel später einige Nummern daraus in wirklichen Opern übernahm und auch an anderen Stellen seines Schaffens nochmals zu diesem Werk zurückkehrte. Hörbar lag ihm jedenfalls die Erschütterung des Auditoriums nähe als die Kontemplation, aber das macht diese Komposition heute noch so reizvoll. Zugespitzt geht es in der Interpretation von Jonathan Cohen zu, die trotz aller geforderten Gravität agile Agogik verlangt. Probleme lassen sich gelegentlich in der sachgerechten Aussprache finden, so etwa bei Sandrine Piau, die nicht immer genau beim Text ist. Stehen geblieben ist beim Schnitt ein nicht zu definierender fremder(!) und falscher Einsatz (Track 2, bei 0’41“). Dennoch sollte man die Produktion nicht unterschätzen. Ich habe mich jedenfalls daran gerne festgehört.
Georg Friedrich Händel. Brockes-Passion HWV 48 (Der für die Sünden der Welt gemarterte und sterbende Jesus)
Sandrine Piau (Sopran), Stuart Jackson (Tenor), Konstantin Krimmel (Bartion), Arcangelo, Vocal Cosort, Jonathan Cohen
Alpha ALP 644 (2019)








