Jedenfalls bietet die Geschichte von Maarten Ter Horst Hoffnung für all jene, die ihre jugendlichen Ambitionen nicht ganz verdrängt oder vergessen haben und noch immer von der Realisierung ihrer eigenen spezifischen Ausdrucksintensität träumen. Denn erst im Alter von 30 Jahren kehrte Maarten Ter Horst zu seinem früheren Wunsch zurück und vollendete nach langer und harter Arbeit gleich zwei Streichquartette – und ja, es musste offenbar die Königsgattung sein. Natürlich stellt sich beim Hören für den Komponisten, Kenner oder Nerd die eine oder andere Frage hinsichtlich der Faktur. Aber sind diese Fragen überhaupt gerechtfertigt – und wenn ja, vor welcher historischen Folie? Einen eher lyrischen Charakter weist das zweite Quartett in B-Dur auf (ein Verneigung vor Brahms op. 67?). Zugleich scheint sich Maarten Ter Horst in Teilen von seinen Vorbildern zu entfernen: Im Finale etwa werden die Melodien gefühliger, pastoser. Die vier Damen des Helikon Quartets identifizieren sich jedenfalls musikalisch mit den Partituren, verstehen sich als erste Anwältinnen – und können mit wirklich gelungenen, ganz von historistischen Allusionen befreiten Interpretationen punkten. Alles andere ist eine Frage des Geschmacks und der Abenteuerlust. Anything goes. In der Tat.
Maarten Ter Horst. Streichquartett Nr. 1 e-Moll (2017–2020); Streichquartett Nr. 2 B-Dur (2017–2020)
Helikon Quartet
Cobra Records COBRA 0081 (2020, 2021)