Was viele Jahrzehnte später als Streichquartett zum «Gesellenstück» wurde, das war um die Wende zum 18. Jahrhundert die Triosonate. In der Nachfolge von Arcangelo Corelli und maßgeblich beeinflusst von seinen Opera entstanden zahlreiche Sammlungen, in der Regel von sechs Sonaten. Hier ist auch das 1705 gedruckte «Opus 1» von Jean François Dandrieu (1682–1738) zu verorten, der sich frühbegabt den Tasteninstrumenten zuwandte und als Musiker bis zu einem der vier etatmäßigen Organisten an der Chapelle Royale in Versailles aufstieg. Dass von ihm nur weniges gedruckt wurde und nur wenig mehr erhalten blieb, ist mit Blick auf die Triosonaten wirklich zu bedauern: Sie sind nicht nur wie gewöhnlich italianisiert, sondern auch höchst inspiriert und atmen in der Interpretation des Ensembles Le Consort eine reizvolle Lebendigkeit.
Dass sich Dandrieu vom älteren Corelli nicht nur anregen ließ, sondern ihn wohl auch musikalisch verehrte, ist durch das Stück «La Corelli» aus dem zweiten Buch seiner Pièces de clavecin dokumentiert, das hier in einer idiomatisch gelungenen (und damit erstaunlich unauffälligen) Bearbeitung eingespielt wurde. Ohnehin glänzt das Album durch eine den Werken sehr dienliche Interpretation – ohne manierierte Mätzchen, ohne aufgebauschten Drive oder meditative Entspannung. Le Consort ist eine Produktion gelungen, die so unaufgeregt an den Kern der Kompositionen herantritt, dass man vor lauter Freude über so viel Understatement ein wenig sprachlos wird und verstummt. Inzwischen ist das Ensemble bereits beim eigenen »Opus 6» angekommen (dem sechsten Album). Möge die erfrischende Leichtigkeit der jungen Formation noch lange erhalten bleiben und sich nicht zu rasch professionell verschleifen.
Jean François Dandrieu. Sechs Triosonaten op. 1, La Corelli (Arr.); Arcangelo Corelli. Triosonaten op. 2/8 und op. 2/12, Triosonate op. 4/1
Le Consort
Alpha ALP 542 (2018)