21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Nikos Skalkottas / Dance of the Waves

Nikos Skalkottas / Dance of the Waves
Nikos Skalkottas / Dance of the Waves
Nicht jeder angehende Komponist lag beim Herrn Papa bequem auf dem Teppich unterm Flügel oder wurde durch Gönner und Stipendien von den Anforderungen des Alltags frei gehalten. Gelegentlich kam und kommt es sogar vor, dass sich ein schöpferischer Geist in einem Orchester dienstverpflichtet, um über die Runden zu kommen. Irgendwann, früher oder später, stellt sich in diesen Biographien die Frage, wie man miteinander umgeht, wenn sich die Wege trennen oder der Nachruhm eine Positionierung verlangt – wie bei Nikos Skalkottas, der bis zu seinem frühen Tod im Staatsorchesters Athen an einem Pult der zweiten Geigen Unterschlupf gefunden hatte. Unklar ist, ob und wie genau seine Kollegen von den kompositorischen Ambitionen Notiz nahmen. Heute jedenfalls bekennt sich der Klangkörper zum ehemaligen Kollegen – hier mit der bereits zweiten (ungezählten) Folge einer ganzen Serie von Einspielungen mit Orchesterwerken Skalkottas’.

Sie zeigt die ganz Bandbreite des Œuvres – vom ersten Dutzend der oft (ein)gespielten Griechischen Tänze (1931/35) über jene drei für Kammerorchester arrangierten Stücke aus dem Ballett The Sea (1949), deren erfolgreiche Uraufführung Skalkottas selbst noch erlebte, bis hin zur Suite Nr. 1 (1929) aus der Berliner Zeit. Auch stilistisch liegen die Werke Welten auseinander und zeigen etwas von den «Notwendigkeiten» der Gattungen. Die sechs Sätze umfassende Suite etwa folgt den von Skalkottas auf eigene Weise beschrittenen Weg einer dodekaphonen Organisation des musikalischen Materials, die Tänze entspringen hingegen in der Substanz dem eigenen Sammeln oder Transkribieren, der Übernahme aus gedruckten Sammlungen oder der eigenen Erfindung im entsprechenden Tonfall (in dieser Art Béla Bartók sehr nahe). Die späte Ballettmusik klingt hingegen wieder romantisch bis neoklassizistisch – der «Tanz der Wellen» wurde als Titel des Albums verwendet. Was aber alle diese Kompositionen vereint, ist die untrügliche Musikalität der Erfindung sowie die im Detail gelungene Orchestrierung. Für die Griechischen Tänze liegen derweil mehrere alternative Interpretationen vor (darunter die alte feurige und satt intonierende unter Dimitri Mitropoulos); die Aufnahmen der Ballett-Nummern sowie der Suite sind aktuell konkurrenzlos.

Nikos Skalkottas. Dance of the Waves
36 Griechische Tänze für Orchester AK 11, Serie I (1931/35); The Sea, Ballet AK 14 (1949) (drei Auszüge für Kammerorchester); Suite Nr. 1 für großes Orchester AK 3a (1929/35)
Athens State Orchestra, Stefanos Tsialis

Naxos 8.574182 (2019)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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