Es grenzt an ein Klangwunder in Zeiten des Weltchaos und der Untergangsdystopien. Was hier die Musiker (Stefan Karl Schmid, Roland Neffe, Peter Fulda, Jim Black) um den Bassisten und Komponisten Alex Bayer veranstalten, ist von einer Intensität getrieben, wie dies nur eine Leere um einen herum sonst vermag.
„Die Charaktere der Stücke sind dabei so divers wie die Menschen selbst – mal wild, zart, energetisch, humorvoll, nerdig oder introvertiert,“ liest man in den Presseinformationen. Und man liest etwas von dem Schein zu „schweben“. Das mag sein.
Ich höre da ein doppelt rhapsodisches musikalisches Denken – zum Beispiel bei „Mantra“. Man wechselt da innerhalb eines Tracks gewissermaßen als Ensemble die Kompositions- und Improvisationsstruktur durch, als ob man während der laufenden Nutzung eines Zimmers die Tapeten durchwechselt. Doppelt rhapsodisch aber, weil das auch für die Ungleichzeitigkeit der Tempi und Modi zwischen den Musikern gilt. Eine Art Polyphonie der Zeitempfindungen. Bei „Liminal“ erfolgt das dann eher im Blockmodus, wo diese Klangkästen wie in einem Mauerwerk versetzt strukturiert werden. Und dann im Ganzen, was es trippelt: „Romir“ klingt da wie ein Nachhall aus alten JazzZeiten – geradezu konventionell. Und dann purzelbaumt es auch schon wieder bei „Are You Serious?!“ – rasant das.
Schweben oder stolpern. Als Hörerin oder Hörer muss man das immer wieder neu ausbalancieren, will man nicht einfach nur im Strom fortgerissen werden. Ein musikalischer Strudel, der einen eher nicht einsaugt als vielmehr ausspuckt je tiefer man ihn hineinzugeraten scheint.
Alex Bayer: Radar [2022]
- Stefan Karl Schmid: Saxophon, Klarinette
- Roland Neffe: Vibraphon
- Peter Fulda: Piano
- Jim Black: Schlagzeug
- Alex Bayer: Bass/Komposition
mono-Ton records, Nürnberg