Musik für Streichorchester hat nicht nur einen ganz eigenen Charakter, sondern auch ein interessantes Repertoire – ein Repertoire, das im Konzertsaal wie auf Tonträgern lange Zeit auf nur wenige Werke begrenzt blieb. Warum das Balkan Chamber Orchestra für dieses Album daher ausgerechnet die beiden populären Serenaden von Dvořák und Tschaikowsky auf die Pulte legte, erschließt sich mir nicht. Zum einen ist die namhaftere Konkurrenz erheblich, zum anderen verdienen es die Werke, die bei mir Erinnerungen an einstige sonntägliche Promenaden-Konzerte im Radio wecken, von Bräsigkeit, Staub und Firnis befreit zu werden.
Vom Auffrischen ist hier freilich nichts zu spüren. Mit durchgehend schleppenden Tempi (die überlangen Spielzeiten sind rekordverdächtig) tut man sich auch interpretatorisch keinen Gefallen. Bereits das träumerische Moderato, mit dem Dvořák seine fünfsätzige Komposition eröffnet, tritt eher auf der Stelle als seinen melodischen Fluss zu entwickeln. Dass so weder die großen Bögen geschlagen noch Linien ausgesungen werden können, zeigt in Tschaikowskys Serenade das Larghetto elegiaco – eine Élégie, die atmen muss. – Mehr als die Einspielung wiegt das Engagement, mit dem Toshio Yanagisawa und das Balkan Chamber Orchestra in einer Region musikalische Brücken bauen, in der noch immer ethnische und religiöse Grenzen gezogen werden. Die Aufnahme entstand in Japan während der Proben für das jährliche «Weltfriedenskonzert» des Ensembles.
Antonín Dvořák. Serenade für Streicher E-Dur op. 22; Peter Tschaikowsky. Serenade für Streicher C-Dur op. 48
Balkan Chamber Orchestra, Toshio Yanagisawa
audite aud 20.045 (2019)