21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Lento religioso – Amsterdam Sinfonietta / Candida Thompson

Lento religioso – Amsterdam Sinfonietta / Candida Thompson
Lento religioso – Amsterdam Sinfonietta / Candida Thompson

Das Motto der CD ist Programm. Entliehen ist es dem dritten Satz der Symphonischen Serenade op. 39 (1947/48) von Erich Wolfgang Korngold, doch erstreckt es sich emotional über alle sieben Tracks, die sich so zu einem großen Charakterbild zusammenfügen. Dramaturgisch schlüssig ist dabei die Kombination von Arrangements und Einrichtungen einzelner Sätze sowie originalen Partituren für Streichorchester: auf der einen Seite Alban Bergs Sonate op. 1 und Wagners Vorspiel zu Tristan und Isolde, auf der zweiten das Adagio aus Anton Bruckners Streichquintett, auf der dritten endlich neben Korngolds eindringlichem Satz ein Lament von Frank Bridge, ein Adagio von Guillaume Lekeu und das Capriccio-Vorspiel von Richard Strauss.

Im Klanggewand der 1988 gegründeten, noch immer jungen Amsterdam Sinfonietta entwickeln die Partituren ein beseeltes Leben: Denn das Ensemble erliegt nicht der bei einer reinen Streicherbesetzung drohenden Gefahr zur schwelgenden Süffigkeit, auch Dank einer durchkontrollierten Balance zwischen der klaren Struktur der Linien und den sie bindenden Höhepunkten. So ist die Bearbeitung von Bergs Sonate mit ihrem geradezu leuchtenden Changieren der Faktur ein Höhepunkt der Produktion, Wagners Tristan-Vorspiel wirkt hingegen in kleiner Besetzung wie halb ausgeblutet. Als Kaleidoskop musikalischer Melancholien ein wundervoller Soundtrack für graue Novembertage.


Lento religioso. Werke von Berg, Korngold, Bruckner, Bridge, Lekeu, Wagner, Strauss
Amsterdam Sinfonietta, Candida Thompson
Channel Classics CCS 36620 (2014/16/20)

 

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #020 – Sinfonisches