21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Paris-Moscou – Trio Goldberg

Paris-Moscou – Trio Goldberg
Paris-Moscou – Trio Goldberg

Bereits mit seiner letzten CD unter dem Titel De L’Ombre à La Lumière hat das Trio Goldberg begeistert. Mit Paris-Moscou wird nun der eingeschlagene Weg konsequent fortgesetzt, programmatisch wie künstlerisch. Bereits die glückliche Zusammenstellung der Werke lässt aufhorchen, denn es werden mit Paris und Moskau (Françaix und Tanejew) nicht zwei Pole markiert, sondern Ausgangspunkte einer langen Wegstrecke, die über Haydn, Schubert, Krása, Kodály und Enescu führt. Erstaunlich ist, wie sich hier die doch sehr unterschiedlichen Tonsprachen ergänzen – und vielfach auch den „richtigen“ tonalen Anschluss haben.

So handelt es sich auch der Idee nach nicht um ein Füllhorn von kleinformatigen Werken, sondern um einen wohlkalkulierten klingenden Strom. Doch auch das kultivierte Ensemblespiel des Trio Goldberg ist eine wahre Freude: Es steckt voller Farbigkeit und dynamischen Abstufungen, ist geprägt von präziser Artikulation und feinnerviger Umsetzung der dem Notentext innewohnenden Ausdrucksqualitäten. So gelingt es auch, im Trio (1933) von Jean Françaix den musikalischen Witz der Ecksätze nicht künstlich zu überdrehen oder die tragisch versonnene Innigkeit des Andante ins Gefühlige zu verschieben. So gleitet auch eine als Trio bearbeitete Klaviersonate von Joseph Haydn nicht ins seichte Rokoko-Klischee ab, sondern wird mit hörbar höchster Lust stilsicher als ein Meisterwerk der Zeit gestaltet. Mit dieser Formation wird das Streichtrio aus seinem historischen Dornröschenschlaf erwachen.


Sergej Tanejew. Streichtrio h-Moll (1913); Jean Françaix. Streichtrio (1933); Joseph Haydn. Streichtrio G-Dur op. 53/1 (1784); Zoltán Kodály. Intermezzo (1905); Franz Schubert. Streichtriosatz B-Dur D 471 (1816); Hans Krása. Tanz (1943); George Enescu. Aubade (1899)
Trio Goldberg
Ars ARS 38 309 (2020)

 

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #018 – Kammermusik

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