21. April 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Rosetti / L’arpa festante

Rosetti / L’arpa festante

Protestantische Kirchenmusik aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat es schwer. Früher sprach man gar von einem «Niedergang» in jeder Zeit – vor allem gemessen an den Werken von Johann Sebastian Bach, die lange als einzige Referenz galten und tradiert wurden. Vergessen wurden in diesem Zusammenhang neben Bachs eigenen Zeitgenossen (so selbst Telemann!) auch die in Hamburg entstandenen Passionen von CPE Bach, der Tod Jesu in der Vertonung von Carl Heinrich Graun (Berlin, 1755) oder auch Werke von Antonio Rosetti (1750–1792). Nicht selten stößt man daher heute bei Einspielungen

Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Demantius / Ensemble Polyharmonique

Demantius / Ensemble Polyharmonique

Für gewöhnlich denkt man sich in der Kar-Woche die Passion Jesu Christi musikalisch in den Vertonungen von Johann Sebastian Bach – Kompositionen, die einem in ihrer Dramatik vertraut geworden sind. Dass seine Vertonungen des biblischen «Krimis» aber nur eine Möglichkeit darstellen, genauer: eine Möglichkeit aus den 1720er und 1730er Jahren, ist wohl nur wenigen bewusst. Denn es gibt geschichtlich ein «Davor» ebenso wie ein «Danach». Spätere Vertonungen (darunter die von Kurt Thomas, Ernst Pepping und Krzysztof Penderecki) sind vielleicht geläufiger als die frühbarocken Passionen von Johann Theile und Johann Meder

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Spohr / Christoffer Sundqvist

Spohr / Christoffer Sundqvist

Unter Klarinettisten begegnet man den vier Konzerten von Louis Spohr (1784–1859) mit allergrößtem Respekt. Im Gegensatz zu den Werken von Mozart und Weber tauchen sie so gut wie nie im Konzertsaal auf – und obwohl inzwischen einige Einspielungen vorliegen, so wurden die Kompositionen erst durch die Aufnahm mit dem legendären Karl Leister aus dem Jahre 1984 aus ihrem tiefen und festen Dornröschenschlaf geweckt – eine Produktion übrigens, die noch immer Maßstäbe setzt (damals bei Orfeo erschienen). Die Konzerte verlangen alles: eine exzellente Technik, einen in allen Registern ausgeglichenen Ton (vor

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #151 – Klarinette
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Dohnányi & Strauss / Hellen Weiß

Dohnányi & Strauss / Hellen Weiß

Ein Album, das einen weiten Bogen über das Repertoire der Violinsonate an der Wende zum 20. Jahrhundert spannt, die nach Brahms und wenigen Einzelwerken damals kaum präsent ist. Denn diese Besetzung und Gattung ist (im Gegensatz zum Streichquartett) zu dieser Zeit sicherlich kein Innovationsträger der Musikgeschichte. Umso interessanter sind die individuellen Ausformungen der Spätromantik – oder besser: eines Stils, der sich durch Intensivierung des Ausdrucks, tonal gebundene Harmonik sowie individuelle und nationale Idiome definieren lässt. So auch bei den hier von Hellen Weiß eingespielten, technisch anspruchsvollen Kompositionen von Ernst von

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
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Christvesper Dresden (1624)

Christvesper Dresden (1624)

Eine schöne Idee, die Uhr musikalisch um genau 400 Jahre zurückzudrehen und bei einer Christvesper in Dresden zu Gast zu sein. Nur wer genau hinschaut – man verzeihe mir diese Beckmesserei – erkennt, dass dem Album zwar ein gelungenes klingendes Konzept zugrunde liegt, nicht aber eine historische Wahrscheinlichkeit. Auch wenn die Weihnachtsgeschichte von Rogier Michael (1553–1623) am sächsischen Hof eine lange Aufführungstradition hatte, so ist die Hinzunahme von Sätzen u. a. von Michael Altenburg, Christoph Demantius, Melchior Franck und Michael Praetorius auf diesem Album nur eine Option (auch wenn die

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #141 – Weihnachten
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L’Orfeo Barockorchester

L’Orfeo Barockorchester

Ein Doppelalbum, das den Blick auf einen oft unterrepräsentierten Teil der frühen Leipziger Kantaten lenkt, nämlich auf die zwischen Juli 1726 und Februar 1727 entstandenen Solowerke, die (bis auf einen abschließenden Choral) ganz ohne Chor auskommen. Charakteristisch für die Kompositionen ist ihre gedeckte Farbigkeit – sowohl in der Wahl der Stimmlage (Alt und Bass) als auch in der Hinzunahme der Oboen. Auch die Libretti, die häufig das «Ich» des Gläubigen in den Mittelpunkt stellen, legen eine solistische Besetzung nahe und eine Faktur, die trotz konzertanter Elemente (etwa der obligat geführten

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #136 – Bach. Kantaten
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Orchesterwerke / Henry Raudales

Orchesterwerke / Henry Raudales

Wunderbar «nordisch» klingt die Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 134 (1875) von Carl Reinecke, der einst im schleswig-holsteinischen Altona geboren wurde. Die Partitur steht (leicht verspätet) in bester Leipziger Tradition – man denke vor allem an Niels W. Gade und dessen Sinfonie c-Moll op. 5. Mit dem Beinamen «Håkan Jarl» gibt ausgerechnet der konservative Reinecke einen Hinweis auf einen literarischen Vorwurf, der hier allerdings kaum mehr als Tonfall und Grundcharakter beschreibt; eine weitergehende programmatische Deutung war Reinecke fremd. Beides sollte sich für den Erfolg des ambitionierten, atmosphärisch dichten Werkes als

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #130 – Reinecke 200
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für zwei Klaviere / Genova & Dimitrov

für zwei Klaviere / Genova & Dimitrov

Nicht vierhändig, sondern für zwei Klaviere bzw. Flügel sind diese Kompositionen von Carl Reinecke bestimmt, der zu jenen Jubilaren gehört, die in diesem Jahr und auch weiterhin in der zweiten Reihe stehen und stehen werden. Nur wenige Häuser haben auf seinen 200. Geburtstag reagiert – darunter immerhin das Leipziger Gewandhaus, dessen Orchester Reinecke einst über 35 Jahre vorstand, das bis heute gültige Repertoire (mit)prägte und ihn am Ende sehr unfreundlich aus dem Amt drängte. Wichtig hat er sich freilich nicht genommen, laute und spektakuläre Positionen sucht man bei ihm vergebens.

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #130 – Reinecke 200
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William Smethergell / Ouvertüren

William Smethergell / Ouvertüren

Neues von der Insel, könnte man sagen. Denn die sechs Ouvertüren von William Smethergell (1751–1836), die 1780 als sein Opus 5 erschienen, machen Freude. Schon seine Zeitgenossen müssen sich daran delektiert haben: Aufführungen in den Vauxhall Gardnes sind belegt, auch eine zweite Auflage der Stimmen wurde gedruckt. Obwohl Smethergell zu einer jüngeren Generation gehörte, hatte sich mit der Ankunft Haydns und Pleyels in London seine Musik überlebt. Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Smethergell selbst aber wirkte bis ins hohe Alter als Musiklehrer und Organist. Bei den sechs Werken (wie bei

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #118 – Ersteinspielungen
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Louise Farrenc / Linos Ensemble

Louise Farrenc / Linos Ensemble

Mit dem Namen «Linos Ensemble» verbindet sich nicht nur beste Kammermusik, sondern auch größte Entdeckerfreude. 1977 gegründet, ist es seit langem in der zweiten Generation angekommen. Dieses frisch aufgenommene Album mit Werken von Louise Farrenc schlägt nun einen weiten Bogen zurück in das Jahr 1991, in dem das Linos Ensemble in identischer Besetzung (!) zwei Klavierquartette dieser herausragenden Romantikerin eingespielt hatte – zu einer Zeit, als derartige Repertoire-Ausgrabungen keineswegs auf der Tagesordnung standen, sondern wirklich eine Sache der inneren Überzeugung waren. Ich kann mich jedenfalls noch daran erinnern, wie ich

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #117 – Klaviertrios
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Bassoon Concertos / Dag Jensen

Bassoon Concertos / Dag Jensen

Ein Album, das zwischen Carl Maria von Weber und der skandinavischen Region, zwischen Romantik und zeitgenössischer Musik seinen Platz sucht. Tatsächlich ist das konzertante Repertoire für Fagott im 19. wie auch im 20./21. Jahrhundert erstaunlich rar. Dennoch stellt sich die Frage, warum für dieses Album gerade diese (und nicht andere) Werke zur Einspielung ausgewählt wurden. Knapp die Hälfte der Spielzeit nehmen das Konzert op. 75 und das ungarisch inspirierte Konzertstück des in Eutin geborenen frühromantischen Weber ein, sekundiert von einem Werk des klassischen Finnen Bernhard Crusell (1775–1838) und des Norwegers

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #115 – Fagott
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Buxtehude / Membra Jesu Nostri

Buxtehude / Membra Jesu Nostri

Singulär im kompositorischen Schaffen von Dietrich Buxtehude wie auch für das ausgehende 18. Jahrhundert ist der von ihm selbst auf 1680 datierte, insgesamt sieben Kantaten umfassende Zyklus der Membra Jesu nostri patientis sanctissima (Die hochheiligen Gliedmaßen unseres leidenden Jesu). Überliefert in einer autographen Tabulatur, ist das Werk dem schwedischen Hofkapellmeister Gustav Düben (ca. 1628–1690) gewidmet, der wie nur wenige andere systematisch eine Sammlung von Handschriften herausragender zeitgenössischer Kompositionen anlegte (wodurch sich zahlreiche Werke Buxtehudes überhaupt der Nachwelt erhalten haben). Im Zentrum steht die Vertonung der mittelalterlichen Verse «Salve mundi salutare».

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #113 – Passionsmusiken
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