6. Dezember 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Louise Farrenc / Linos Ensemble

Louise Farrenc / Linos Ensemble
Louise Farrenc / Linos Ensemble
Mit dem Namen «Linos Ensemble» verbindet sich nicht nur beste Kammermusik, sondern auch größte Entdeckerfreude. 1977 gegründet, ist es seit langem in der zweiten Generation angekommen. Dieses frisch aufgenommene Album mit Werken von Louise Farrenc schlägt nun einen weiten Bogen zurück in das Jahr 1991, in dem das Linos Ensemble in identischer Besetzung (!) zwei Klavierquartette dieser herausragenden Romantikerin eingespielt hatte – zu einer Zeit, als derartige Repertoire-Ausgrabungen keineswegs auf der Tagesordnung standen, sondern wirklich eine Sache der inneren Überzeugung waren. Ich kann mich jedenfalls noch daran erinnern, wie ich das nun schon 32 Jahre alte Album bestaunte.

Es ist diese vollkommen unprätentiöse Kontinuität, die nahezu jede Aufnahme mit dem Linos Ensemble zu einer stillen Sensation macht. Hier geht es nicht um den schnellen Erfolg, den kurzen Hype, sondern um die Substanz – was ja ein wenig aus der Mode gekommen scheint. Hier wird wieder einmal tief in den historischen Fundus gegriffen und mit wunderbarer Selbstverständlichkeit reali-siert: klangschön und engagiert, mit warmem Timbre in den Streichern, gemein-sam und nicht miteinander gegeneinander. Die alte Formulierung «im Dienste der Musik» scheint ein wenig abgegriffen, drängt sich in diesem Fall allerdings auf – auch weil auf dem Backcover wieder nur der Name des Ensembles, nicht aber der Musi¬ker:innen zu lesen ist. Der Kammermusiksaal im Deutschlandfunk verdient seinen Namen und unterstützt die Interpreten akustisch. Ein unzeitgemäßes, weil unaufgeregt-herausragendes Album.

Louise Farrenc. Klaviertrio Nr. 2 d-Moll op. 34; Variations concertantes sur une mélodie suisse op. 20 für Violine und Klavier; Trio Nr. 4 e-Moll op. 45 für Flöte, Violoncello und Klavier; Sonate Nr. 1 c-Moll op. 37 für Klavier und Violine
Linos Ensemble

cpo 555 538-2 (2022)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #117 – Klaviertrios