16. September 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Ukho Ensemble Kyiv – Gérard Grisey: Vortex Temporum

Ukho Ensemble Kyiv – Gérard Grisey: Vortex Temporum

So abbrausend wird hier die Musik entfaltet, wie es das in der jüngeren Geschichte der Musik der Gegenwart selten zu finden ist. Ende des zweiten Teils rauscht es in eine Unendlichkeit doch eines unfasslichen Ungefährs. So viel Buntheit neben und in so vielem Grauen. Das «Ukho Ensemble Kyiv» rückt dagegen erschütternd nahe an die Hörer:innen durch die Abmischung heran.

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Deutsches Streichtrio

Deutsches Streichtrio

Oft wird das Streichtrio als «kleiner Bruder» des Streichquartetts angesehen. Ich erinnere mich noch lebhaft an den Kommentar des Vorstandes einer kleinen, etablierten Konzertreihe, der vor nunmehr 30 Jahren ganz verblüfft war, dass ein Ensemble auch ohne zweite Geige gut klingt und etwas zu sagen hat. Aber auch heute noch findet man kaum Streichtrios auf den Programmen der (wenigen) verbliebenen Kammermusikreihen – offenbar sind die alten Vorbehalte noch lebendig. Dabei ist das Repertoire der vergangenen 250 Jahre erstaunlich breit und nicht nur auf marginal erscheinende Komponist:innen beschränkt: Bedeutende Werke finden

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #155 – Streichtrios
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Viktoriia Vitrenko – Limbo

Viktoriia Vitrenko – Limbo

Jede der fünf Kompositionen findet in Vitrenkos Performance einen virtuosen, selbstlosen Widerhall und wird damit zu einem seltenen Zeugnis gelungenen politisch-artifiziellen Engagements in dieser kaputten destruierten Zeit. Rashad Beckers Abmischung reflektiert das alles und überführt das an sich thematische «Singer-Songwriter»-Setting auf eine zusätzliche akustische Ebene. Beeindruckend, bedrückend, aber auch frei. Ja!

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Clarinet Trio Anthology / Daniel Ottensamer

Clarinet Trio Anthology / Daniel Ottensamer

Eine Produktion aus dunklen Corona-Zeiten. Wo viele mit schnellen Ideen vor-preschen (auch im präsent zu bleiben), da machte sich das (namenlose) Trio mit Daniel Ottensamer (Klarinette), Stephan Koncz (Violoncello) und Christoph Traxler (Klavier) auf, ein stattliches Repertoire aus mehr als 200 Jahren zu durchkämmen. Im Konzertsaal wie im Katalog ist diese wunderbare Besetzung, die auch bei der sieben CDs umfassenden Box in Anlehnung an das Klaviertrio nicht ganz ideal als «Klarinettentrio» bezeichnet wird (während das Klarinettenquintett mit Streichquartett definiert ist), meist nur durch Beethoven (op. 11) und Brahms (op. 114)

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #151 – Klarinette
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Nordin / Martin Fröst

Nordin / Martin Fröst

Die Gegenwart ist eine Zeit des Experimentierens. Das hat vermutlich jede Generation gesagt – oder auch befürchtet. Heute sind die Herausforderungen vielleicht größer denn je. Während in früheren Jahrhunderten die Harmonik erweitert und neu definiert wurde, neue Formen und Gattungen ein etabliertes Gerüst ins Wanken brachten, neue Instrumente, ein verändertes Sozialgefüge oder auch ein anderes ästhetisches Verständnis großen Einfluss ausübten, nach dem Zweiten Weltkrieg sogar der Materialbegriff neu definiert wurde, so sind es im 21. Jahrhundert neue elektronische Verfahren, die das Spektrum erweitern. Noch einmal anders als in der elektroakustischen

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #151 – Klarinette
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Sivilotto – Handmade

Gilles Sivilotto – Handmade

Das ist in der Denkungsart vollkommen radikal und auf eine irrwitzige Weise irrational. Zu hören ist dabei im Ergebnis ein Klanggeräuschbrei (un-)endlicher Tiefe, beziehungsweise umgekehrt, etwas alogisch, teleologiefreies für sich und für nichts anderes Stehendes. Eine Welt ohne Boden, eine Welt deren Zeit allein gefüllt wird. … was bleibt? Ein Reichtum an Klang und Geräusch, fein gesponnen auch in der Perspektive gestaffelter Musik.

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Leonie Klein / Isanie Percussion Duo

Leonie Klein / Isanie Percussion Duo

Mitunter sind Bezeichnungen musikalischer Besetzungen recht verwirrend oder gar missverständlich. Schon im ausgehenden 18. Jahrhundert bezeichnet ein «Quartett» vier Sänger:innen, das Quatuor aber ein Streichquartett. Noch heute wird üblicherweise zwischen einem Duett (Vokalstimmen, oft mit instrumentaler Begleitung) und einem instrumentalen Duo unterschieden. Gezählt werden die Stimmen bzw. die Instrumentalisten und ihre Instrumente. Bei einem zeitgenössischen Schlagwerk-Duo wird es etwas komplexer, denn zwei Musiker:innen haben in der Regel viele unterschiedliche Instrumente um sich herum gruppiert, die mitunter auch simultan gespielt werden. Unweigerlich drängen sich diese Gedanken auf, verfolgt man das Album

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #148 – Duo – Duett – Double
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Vanessa Porter / folie à deux

Vanessa Porter / folie à deux

Ein interessanter Titel, der das Album in psychologische Tiefen führt. Da aber nicht jeder weiß, was eine «folie à deux» ist (und auch nicht jeder nachschlagen möchte), findet sich neben dem Booklet ein Zettel mit einer kurzen Definition. Das macht neugierig, denn zum Cover will diese Beziehung zweier Personen nicht recht passen – und eine weitere Erläuterung zum Album sucht man vergebens, handelt es sich doch um ein Recital. Wo also liegt der Schlüssel? Abgesehen davon handelt es sich um ein Konzeptalbum, das diesen Begriff vom ersten bis zum letzten

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #146 – Schlagwerk
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Poppe & Heiniger / Tonband

Poppe & Heiniger / Tonband

Eine abenteuerliche Reise durch die Welt perkussiver und elektronischer Klänge. Was in Teilen wie eine Art historisches Bilderbuch aus den fernen Zeiten der Pioniere anmutet, ist im Kern eine bis ins Detail kalkulierte Reduktion der verwendeten Hard- und Software. Das gilt vor allem für die von Enno Poppe (*1969) und Wolfgang Heiniger (*1964) gemeinsam konzipierte Komposition Tonband, die in ihrer Umsetzung nichts mit den Tonbändern von einst zu tun hat: Schlagwerk und durch Live-Elektronik erzeugte Sounds werden gekoppelt, was eine gewisse klangliche Heterophonie evoziert. Bei Feld von Enno Poppe treten

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #146 – Schlagwerk
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Tālivaldis Ķeniņš / Concerto

Tālivaldis Ķeniņš / Concerto

Wieder einmal hat die Weltgeschichte entscheidend in die Biographie eines Komponisten eingegriffen. Diesmal bei Tālivaldis Ķeniņš (1919-2008), der in Lettland geboren wurde, zunächst in Grenoble eine Ausbildung für den diplomatischen Dienst des jungen Staates erhielt, während des Zweiten Weltkriegs nach Riga zurückkehrte und mit dem Einmarsch der Sowjetunion nach Paris floh. Dort studierte er bei Olivier Messiaen, hielt sich als Pianist über Wasser, wurde mehrfach ausgezeichnet. Sein Septett wurde 1951 in Darmstadt aufgeführt, dann ging er nach Kanada – zunächst als Organist, später lehrte Ķeniņš selbst Komposition an der Universität

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #146 – Schlagwerk
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Enjott Schneider / wood & metal

Enjott Schneider / wood & metal

Enjott Schneider (*1950) ist ein überaus produktiver Komponist, der mit seinen Werken zeigt, wie unterschiedlich die Vorstellungen von zeitgenössischer Musik sein können – die sich nicht durch diesen oder jenen Stil definiert, sondern vor allem durch die Entstehung in der Gegenwart. Zwei Konzerte sind als ein Werkpaar auf diesem Album vereint: Secret of Trees, ein Konzert für zahlreiche auf Holz basierende Instrumente, und Machine Worlds, ein Konzert, das mit Metallschrott und anderen metallischen Instrumenten hantiert. Einen Hintergrund dazu eröffnet Schneider in seinem kleinen Essay – ohne sich, abgesehen von einigen

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #146 – Schlagwerk
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Maxime Goulet / Ice Storm Symphony

Maxime Goulet / Ice Storm Symphony

Das Cover erinnert ein wenig an «Naive Malerei» und thematisiert (mit leider erkennbar wenig Tiefgang) eine der jüngsten Naturkatastrophen in Kanada: den tagelangen Eissturm im Januar 1998, der Großstädte und ganze Landstriche für Tage, Wochen oder gar Monate lahmlegte. Anlässlich des 25. Jahrestages erhielt Maxime Goulet (*1980) den Auftrag zu einer Symphonie de la tempête de verglas (oder auf Englisch: Ice Storm Symphony), die in vier Sätzen sowohl das Naturereignis als auch den wärmenden Zusammenhalt der Menschen in der kalten Not beschreibt. Für eine solch naturalistische oder zumindest dicht an

Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #145 – Bäume im Winter
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