19. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Fleurs – Melody Louledjian

Fleurs – Melody Louledjian

Was für ein Bouquet! Allein schon die Zusammenstellung der Liederzyklen und der einzelnen Gesänge ist faszinierend. Wer sich floral interessiert, ist natürlich im Vorteil – wer nicht, wird sich mit Sicherheit gerne durch dieses musikalische Blütenmeer hören und lesen. Gleich 50 Sorten sind es, die Robert Desnos mit Worten charakterisiert und die Jean Wiéner mit der ihm eigenen, ins Jazzige gehenden Tonsprache in kurzen und kürzesten Liedern aufblühen lässt. Schon zuvor hatte Darius Milhaud seinen siebenteiligen «Catalogue de fleurs» erstellt; das Programm wird noch durch ein paar andere Einzellieder ergänzt

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Opera Phantasies – Volker Reinhold

Opera Phantasies – Volker Reinhold

Es ist bereits die dritte Folge, mit der Volker Reinhold (Violine) und Ralph Zedler (Klavier) zu einer kleinen Rundreise durch die vielfach belächelte Abteilung der Opernfantasien einladen. Nach dem doppelten Pablo de Sarasate sind es hier nun vier Virtuosen aus zwei Jahrhunderten, die sich kreativ mit Melodien aus bekannten Opern auseinandergesetzt haben. Das herausragende geigerische Können spiegelt sich dabei in Partituren, die eben nicht bloß spieltechnische Bravour und melodischen Fluss verbinden, sondern auch dramaturgisch die Vorlagen durchdenken – so etwa bei Antonio Bazzini, der ausschließlich thematisches Material verwendet, das Verdi

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Salonmusik für Waldhorn – Renée Allen

Salonmusik für Waldhorn – Renée Allen

Diese CD stellt eine regelrechte Spurensuche dar, bei der das Cover schon den Weg vorgibt. Denn die seit Jahrzehnten in Deutschland wirkende, auf historische Natur- und Ventilhörner spezialisierte Renée Allen hat hier ein Repertoire gesichtet und gesichert, das längst verloren schien: Es stammt aus dem 1898 in Bremen in der Edition Fischer erschienenen «Solo-Buch für Waldhorn» und umfasst insgesamt «52 ausgewählte Concerte, Fantasien etc.». Allein Robert Schumanns Adagio und Allegro op. 70 hat das Jahrhundert überstanden – bei allen übrigen Piècen handelt es sich mehr oder weniger um ausgeprägte Salonstücke,

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19th-Century Saxophone – Kurt Bertels

19th-Century Saxophone – Kurt Bertels

So hat man das Saxophon wohl nur ganz selten in der Kammermusik gehört. Denn die eingespielten Werke entstammen dem 19. Jahrhundert, mithin der Prä-Jazz-Ära. Und so ist es möglich, dass das Instrument hier gefahrlos eine Grande Polonaise, ein salonverdächtiges «Souvenir» oder auch gleich mehrfach ein «Morceau de Concert» meistert. Die hier eingespielten Stücke stammen alle aus dem Umkreis der sehr frühen Saxophon-Klasse am Brüsseler Conservatoire (1867–1904) von weitgehend unbekannten Komponisten (Gilson und Jongen ausgenommen) und werden mit großer Sicherheit zukünftig das Repertoire erweitern – sofern man das Instrument einmal «klassisch»

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Le Son du Cor – TrioMorgen

Le Son du Cor – TrioMorgen

Seit 2015 besteht das TrioMorgen – eine aparte Besetzung mit Sopran, Horn und Klavier, bei der einem sogleich Schuberts «Auf dem Strom» in den Sinn kommt. Dass das Repertoire im Bereich «Lied plus» (also mit obligatem Instrument) viel größer ist, war indes schon im Jahr 1998 durch das Arion Trio (Antes Edition) zu entdecken. Doch wurde das Horn nicht nur von der deutschen Romantik abonniert. Es fand im 19. Jahrhundert ebenso jenseits des Rheins großen Zuspruch, auch abseits der unvermeidlichen «Villanelle» von Paul Dukas. Wer bei der Einspielung des TrioMorgen

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Alban Berg Quartett – Complete Recordings

Alban Berg Quartett – Complete Recordings

37 Jahre bestand das legendäre Alban Berg Quartett, das mit seinen Interpretationen selbst ein Stück Gattungsgeschichte geschrieben hat. Auch wenn die Formation (anders als andere) nur wenige neue Partituren zur Uraufführung brachte, so hatte sie sich nie ausschließlich dem klassisch-romantischen Repertoire verschrieben (auch hier: anders als andere). Überdies finden sich Produktionen, die über ihre angestammte Domäne hinausgehen: Walzer von Strauß I und II sowie Lanner, teilweise in Arrangements der Zweiten Wiener Schule (eingespielt 1992), und Tango Sensations mit Werken von Astor Piazzolla & Co. (2003). Als sich das Quartett 2007

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Modern Times Edition

Modern Times Edition

Mit schöner Regelmäßigkeit erschienen in den letzten Jahren bereits zahlreiche Folgen der «Modern Times» – einer Serie, bei der jede CD einem Komponisten des 20. Jahrhunderts gewidmet ist und dabei auch sinfonische Werke präsentiert, die vielfach nicht in der ersten Reihe der großen Namen stehen. Zusammen mit einer Paul Hindemith gewidmeten Veröffentlichung hat das Label Capriccio nun eine zehn CDs umfassende Edition herausgebracht. Die Zusammenstellung liest sich imersten Moment ein wenig bunt: Zimmermann, Dallapiccola, Dutilleux, Ginastera, Szymanowski, Antheil, Vaughan Williams, Kabalevsky, Krenek und eben Hindemith. Andererseits ist es gerade die

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Heitor Villa-Lobos: Complete Symphonies

Heitor Villa-Lobos: Complete Symphonies

Wie sich die Geschichte doch immer und immer wieder wiederholt: Werden von einer Gesamteinspielung zunächst die einzelnen CDs über einen längeren Zeitraum scheibchenweise veröffentlicht, erscheint üblicherweise nach der letzten Folge (alsbald oder nach einer Anstandspause) die zusammenfassende wohlfeile Box. Für diejenigen Hörer, die solch ein Projekt geduldig und mit (meist) zunehmendem Interesse verfolgt haben, mag dies ärgerlich sein; wer indes durch das Presseecho neugierig geworden ist, kann günstig zuschlagen. So nun auch bei der zweiten Gesamteinspielung der Sinfonien von Heitor Villa-Lobos, jenes äußerst produktiven brasilianischen Komponisten, den man vielleicht gerade

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Serge Taneyev: Complete Chamber Music

Serge Taneyev: Complete Chamber Music

Die älteste Aufnahme dieser Box zählt bereits 51 Jahre (Klaviertrio op. 22), die jüngste stammt von 1987 (Klavierquartett op. 20). Auch wenn inzwischen zahlreiche neuere Einspielungen vorliegen – bei den Streichquartetten vollständig durch das amerikanische Carpe Diem String Quartet (Naxos) – haben die nun wiederveröffentlichen Produktionen noch immer Bestand. Vor allem ist es die hörbare Selbstverständlichkeit, mit der das 1946 gegründete Taneyev Quartet die Partituren ihres Namenspatrons Sergei Iwanowitsch Tanejev (1856–1915) aufblühen lässt (so die geläufige deutsche Schreibweise). Im Westen und zumal im 21. Jahrhundert ist der Ruhm dieser Formation

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Johann Nepomuk Hummel Edition

Johann Nepomuk Hummel Edition

Einen der ersten Plätze in der Musikgeschichte hat Johann Nepomuk Hummel (1778–1837) nicht ergattern können. Wie viele andere seiner Zeitgenossen wurde er in die geteilte zweite Reihe hinter Haydn und Mozart auf der einen Seite sowie Beethoven und Schubert auf der anderen platziert. Die Gründe dafür sind vielfältig und sicherlich auch im Œuvre selbst begründet, das keine Sinfonie, lediglich drei Streichquartette und ein eher unauffälliges Opernschaffen bis ca. 1814 umfasst (nur das ursprünglich für ein Klappeninstrument geschriebene Trompetenkonzert ist als Standard ins Repertoire eingegangen). Vor allem aufs Pianistische hatte sich Hummel

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Hans Werner Henze: Der Prinz von Homburg

Hans Werner Henze: Der Prinz von Homburg

Nur selten inszeniert und kaum eingespielt gilt Hans Werner Henzes Der Prinz von Homburg aus dem Jahre 1960 vielen noch immer als Geheimtipp. Denn das Werk ist ein wenig unbequem. Erst passte Heinrich von Kleists Drama nicht in das Weltbild des strengen «Preußentums», dann wurde es im Dritten Reich vereinnahmt, um später nur zögerlich wieder auf die Bühnen zu kommen. Der Anti-Held, der nach einem Urteil des Kriegsgerichts seinen kurz bevorstehenden Tod fürchten muss, mag sicherlich nicht gleich als Ideal gesehen worden sein – zumal die Brandenburger nach erfolgter Begnadigung

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Detlev Glanert: Oceane

Detlev Glanert: Oceane

Selten nur wurde eine Opern-Uraufführung in den letzten Jahren so einhellig umjubelt. Auch die (Wieder-)Begegnung mit der Berliner Uraufführung von Detlev Glanerts Oceane (2016–2018) macht rasch klar, was an diesem Werk so begeistert hat, denn es handelt sich um ein emotional berührendes Seelendrama, gewaltig mitreißend und leise nachhörend. Zudem erscheint der von Theodor Fontane adaptierte Plot nicht unnötig transzendiert, sondern erfahrbar gemacht – und zeigt damit den weithin unterschätzten norddeutschen Poeten nicht als Biedermann des ausgehenden 19. Jahrhunderts, sondern als radikalen Vordenker. Oceane von Parceval, die dem Meer entsprang und

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