19. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Adrian Tully / Reflections

Adrian Tully / Reflections

Das Saxophon kann zwar auf eine lange, im Vergleich mit anderen Instrumenten aber doch nur kurze Geschichte zurückblicken. Zunächst für die Militärmusik erfunden, zog es zwar bald in die Kunstmusik ein. Und doch blieb es in all seinen Bauvarianten immer eine Art Sonderling im Orchester wie auch in der Kammermusik, während es aus dem Jazz nicht mehr wegzudenken ist. Vor diesem Hintergrund gilt es auch den Werkbestand zu bewerten: ein Repertoire, das sich erst im 20. Jahrhundert mit jeder Dekade zusehends erweiterte. Für ältere Epochen sind also Bearbeitungen oder Transkriptionen

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Torben Enghoff / Christina Bjørkøe

Torben Enghoff / Christina Bjørkøe

Bereits der Titel ist berückend ehrlich: for all Ages. Dem steht auch der Kommentar des Komponisten Torben Enghoff (*1947) in nichts nach. Freimütig bekennt der angesehene Saxophonist, dass er gar nicht auf dem Klavier zuhause ist – und hier auch als schreibender Laie nur solche Stücke notierte, die er selbst spielen kann. Wer das selbst noch nicht ausprobiert hat, mag vielleicht lächeln. Wer es aber schon gewagt hat, weiß, wie schwierig es ist, «einfach» zu schreiben: beginnend von der Idee über die Ausformung bis hin zum fertigen und in sich

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Charles Mayer / Luigi Gerosa

Charles Mayer / Luigi Gerosa

Bei den Zeitgenossen lagen seine Kompositionen vielfach auf den Klavieren und Flügeln, heute kennt man kaum noch seinen Namen. Dabei schuf der in Königsberg geborene und in Dresden verstorbene Charles Mayer (1799–1862) Musik, die vielleicht noch als Ergänzung zu Schumanns Kinderszenen und dem Album für die Jugend einige Berechtigung hätte. Freilich gibt sich Mayer nicht ganz so poetisch (musikalisch wie in den Satzüberschriften), sondern eher gefällig-virtuos, wobei die von ihm stammenden Stücke gut liegen und flüssig von der Hand gehen. Dass seine Musik – hier zwei vollständige Sammlungen mit 6

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Weinberg / Aneta Majerová

Weinberg / Aneta Majerová

Nachdem schon seit geraumer Zeit die Musik von Mieczysław Weinberg (1919–1996) wiederentdeckt wird, haben nun auch seine Notenbücher für Kinder erneute Aufmerksamkeit erfahren. Bereits 2011 erschien beim Label cpo eine Gesamteinspielung mit Elisaveta Blumina; hier nun ist es Aneta Majerová, die an nur einem Tag alle 23 Stücke aufgenommen hat. Die Produktion denkt dabei die Werke akustisch durchaus vom Titel her, stellt sie nicht in den Konzertsaal, sondern in ein Studio mit eher direkter Mikrophonaufstellung und sattem, trockenen Klang. Das bekommt der Musik und ihrer Doppelbödigkeit gut, es macht sie

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Tschaikowsky / Yuan Sheng

Tschaikowsky / Yuan Sheng

1878 entstanden, ist Tschaikowskys Kinderalbum op. 39 nicht ohne das 30 Jahre zuvor gedruckte Album für die Jugend op. 68 von Robert Schumann zu denken. Tschaikowsky selbst verwies bereits auf den offensichtlichen Zusammenhang und auf die Idee, mit ebenso griffigen Satzbezeichnungen die Neugier und das Vorstellungsvermögen des musikalischen Nachwuchses anzusprechen. Unter den «Nachahmern» des 19. Jahrhunderts zählt das Kinderalbum zudem zu jenen Sammlungen, die auch künstlerisch bestehen können. Ablesbar ist dies ebenso an der Zahl der Einspielungen, unter denen allerdings die von Yuan Sheng (der nicht das erste Mal für

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Klavier für Kinder / Corinna Simon

Klavier für Kinder / Corinna Simon

Bei dem Thema Musik für Kinder kommt man an diesem Album aus dem Jahr 2019 zunächst einmal nicht vorbei. Es präsentiert in knapp 132 Minuten eine von der Pianistin Corinna Simon kuratierte (und interpretierte) Auswahl – nicht nur an Komponisten und Sammlungen, sondern auch einzelne Stücke aus derlei mehr oder weniger zusammenhängenden Folgen. Und doch: Was ist das überhaupt für ein Repertoire «für Kinder», das hier eingespielt wurde? Die definitorische Schwierigkeit lässt ich schon an Robert Schumanns Kinderszenen op. 15 und dem Album für die Jugend op. 68 (in zwei

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Homage to Bach

Homage to Bach

Johann Sebastian Bach hat selbst viele eigene Stücke bearbeitet, in andere Besetzungen und Gattungen und in deren jeweilige Kontexte transformiert; und die nachfolgenden Generationen haben dies über Jahrzehnte und Jahrhunderte so weitergeführt. Seine Musik birgt derart viele Möglichkeiten ins sich, dass es kaum Grenzen zu geben scheint – und zwar in jede Richtung. Für mich liest sich in diesem Zusammenhang der von Paul Cassidy stammende Booklet-Essay allerdings eher wie eine Rechtfertigung seiner eigenen, hier eingespielten Bearbeitung der Bach‘schen Sonaten für Violine solo für Streichquartett. Sie verlangt ein paar gedankliche Sprünge:

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Mozart / Ignaz von Seyfried

Mozart / Ignaz von Seyfried

Verblüffend. Bei fast jeder Geste wird man denken: Ja, so ist es recht instrumentiert. Nur in der Gesamtschau will das doch nicht so recht passen. Wo also liegt der «Fehler»? Zunächst einmal nicht bei der Produktion selbst, die hier in jeder Weise eine Pionierarbeit vorlegt – eine Ersteinspielung gar. Und solange nicht weitere Planeten mit stehenden Ensembles besiedelt sind, werde ich das Präfix «Welt-» prinzipiell auslassen; «Welt» meint hier wohl eher «Erde» als »Universum». Des weiteren muss man nicht erst in die Noten der Vorlagen dieser Bearbeitungen hineinschauen, um zu

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Respighi / Bach & Rach

Respighi / Bach & Rach

Wer von den geneigten HörBar-Leser:innenim etwas fortgeschrittenen Alter kann sich nicht an sie erinnern? – an die beeindruckenden, aber auch vor Pathos nur so triefenden Bach-Bearbeitungen von Leopold Stokowski, die sich im Schallplattenschrank oder beim Schallplattenhändler des Vertrauens fanden. Es war die Zeit, in der die historische Aufführungspraxis noch neu war und sich nach eigenem Suchen erst noch einen Platz erarbeiten musste. Als Orchester-Arrangement hingegen war die Alte Musik fester Bestandteil des städtischen Sinfoniekonzerts – heute so (und in den dargebotenen Interpretationen) kaum mehr vorstellbar. Und doch: im Web findet

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Gruppo Montebello

Gruppo Montebello

Schon lange sind jene Bearbeitungen kein Geheimtipp mehr, die zwischen 1918 und 1921 für die halböffentlichen Konzerte des von Arnold Schönberg gegründeten Vereins für musikalische Privataufführungen angefertigt wurden. Dort hatte man sich unter Ausschluss der meist lauthals aufschreienden Kritik zusammengefunden, um ohne ästhetische Polemik oder auch politische Ressentiments allein die Musik sprechen zu lassen. Die Regeln waren klar gesetzt: bestmögliche Interpretation durch gründliche Probenarbeit, inhaltlich engagierte Musiker:innen, wiederholte Aufführungen zum besseren Verständnis, das Verbot jeglicher Meinungsäußerungen. Gespielt wurden zunächst bis zu achthändige Klavierauszüge; bald kam indes die Erweiterung zum Kammerensemble,

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Trio Roseau / Mozart

Trio Roseau / Mozart

Es gab eine Zeit – noch dazu die längste innerhalb der Musikgeschichte –, in der man nicht so ohne weiteres in jedem Moment alles bequem abrufen konnte. Am Anfang der „mechanischen Musikreproduktion“ stehen singuläre Automaten, es folgten Klavierrollen, Schallplatten, Bänder, die CD, und nun das rein digitale Streaming. Wer aber einst Musik hören wollte, musste entweder Glück haben oder diese selbst spielen. Ende des 18. Jahrhunderts blühte die Harmoniemusik auf – reine (allenfalls durch einen Kontrabass ergänzte) Bläserensembles, die besonders durch die Verbreitung der wandlungsfähigen Klarinette einen bedeutenden Aufschwung erlebten.

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Boulanger Trio

Boulanger Trio

Mit Cover und Artwork ist das Label weit über das Ende der Landebahn hinausgeschossen (um einmal im «Bild» zu bleiben). Während sich mancherorts Menschen an reale Kunstwerke heften, um das Klima zu retten, haben die Damen des Trio Boulanger die Parkposition erreicht. Mit dem schönen Titel «Wanderlust» vermag ich jedenfalls keine Turboprop-Maschine zu verbinden (in diesem Fall wohl sogar eine oft für Privatflüge verwendete Dornier 328-100). Dass man es mit dem Motiv ernst meint, zeigen im Booklet zwei weitere im Tageslauf aufgenommene Fotos. Doch auch bei der abgedruckten Trackliste zeigt

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