
Während sich der Pianist Benjamin Schaefer mit seinem Quartett auf Musik aus dem Generalbasszeitalter gestürzt hat, geht hier Chris Gall als Solist auf Musik aus der Epoche des Impressionismus zu. Hier tauchen abwechselnd Kompositionen von Erik Satie, Claude Debussy und Maurice Ravel auf und werden zitiert, umgeschrieben. Daneben setzt Gall eigene Stücke, die sich ihrerseits der Idiomatik dessen befassen, was man landläufig französischen musikalischen Impressionismus nennt.
«Niemals würde ich es wagen, irgend jemanden anzugreifen,
…..der anders denkt als ich» Erik Satie
Gelangt er damit zum Kern dieser musikalischen Vorstellungen, die die Komponisten damals umgetrieben haben: diese durchlässige Musik, die in Melodiebau und Harmonik häufig so schwebend scheint und flirrt oder sich wiegend und walzernd im Strom der Zeit bewegt. Das wird man nicht so einfach entscheiden können. So biegt Gall die Musik manchmal durch jazztypische Umspielungen und nimmt ihr dabei ihre eigene Bestimmtheit. An anderer Stelle reißt er sie dagegen fort in eine andere Zeit und in eine andere eigene Gallsche Repetitionswelt und dann wirkt Jazzidiomatik vollkommen selbstverständlich. Das geht manchmal besser, manchmal ist es ein bisschen wie ein Auftrag von einem Gall-Parfum, das anderes Parfum übertönt.
«Je mehr Musiker es gibt, umso mehr Verrückte gibt es.» Erik Satie
Die Gefahr ist bei Anleihen an impressionistische Fakturen, die Erik Satie so wunderbar aufnahm und zerstörte. Einiges davon tritt auch bei den Improvisationen in, unter und über impressionistische Klaviermusik bei Chris Gall zutage. Er kann für sich zudem in Anspruch nehmen, dass umgekehrt die Einflüsse außereuropäischer Musik auch für die mit der neuen Globalisierungswelt affizierten Komponisten mehr oder weniger deutlich und wie verschroben oder konkret ins Material einsickerte. Darum funktioniert das Impressionismusimprovisieren auch gar nicht so schlecht, aber es ist zugleich aus dem gleichen Grund extrem schwierig, weil das Naheliegende in diesem Fall nur Produkte von Muffig- und Einfältigkeit hervorbrächte. Chris Gall balanciert seine Musik meistens jedenfalls über dieser Unterkomplexitätsfalle.
Chris Gall – Impressionists improvised [2025]
- Chris Gall – Piano
GLM Music FM421 – CD, Vinyl, Download & Streaming (VÖ: 28.03.2025)
In Teilen werden wir jetzt Stück für Stück auf Links zu Spotify verzichten. Deutlich bessere Konditionen für Komponist:innen und Künstler:innen gibt es bei Qobuz (ich habe da hier mal aufgeschrieben).