Deutlich ist zu spüren, dass Leonardo Pierdomenico in dieser Aufnahme die Verse in Gedanken mitsingt. Sein Spiel ist nicht bloß pianistisch über jeden Zweifel erhaben, er interpretiert die Lieder trotz der zum Teil erheblichen technischen Anforderungen kantabel – ein Spagat, der auf sehr glückliche Weise gelingt, der nicht allein die Bravour in den Vordergrund rückt und damit auch einen neuen Blick auf diese Transkription eröffnet. Vervollständigt wird das Album durch zwei weitere Schwergewichte aus dem Liszt’schen Œuvre: den mit knapp 18 Minuten Spielzeit gestalterisch fordernden Gretchen-Satz aus der Faust-Sinfonie und den Totentanz in der Fassung für Klavier solo. Erfreulicherweise ist der von Leonardo Pierdomenico verwendete Steinway D warm intoniert und neigt in der Höhe nicht zu kalten Spitzen. Die Akustik des Studios in der Bethlehemkerk Amsterdam ist erstaunlich trocken und direkt. Ein Gewinn, wer dem Pianisten hörend auf die Finger schauen möchte.
Franz Liszt. Winterreise S 561 für Klavier (nach Franz Schubert. Winterreise op. 89 D 911); Gretchen, aus: Faust-Sinfonie für Klavier S 513; Totentanz. Danse macabre für Klavier S 525
Leonardo Pierdomenico (Klavier)
Piano Classics PCL 10251 (2022)
- Winterreise / Florian Götz
- Estonian Premieres / Paavo Järvi
- Maxime Goulet / Ice Storm Symphony
- Schubert & Liszt / Leonardo Pierdomenico