Silvestrov spricht von seinen Kompositionen der letzten Jahre und Jahrzehnte als «Meta-Musik». Tatsächlich könnte man sich an den einfachen Melodien reiben, das «neo» der Musik auch als ein nahezu «Nichts» bezeichnen. Doch Silvestrov versteht es, auf diesem äußerst schmalen Grat kompositorisch sicher zu wandeln. Da klingt es mal unbeschwert nach Mozart (ohne es zu sein), da erinnert ein Tango (op. 143/3) irgendwie an Wagner und das Rheingold. Muss eine Meta-Musik in hohe Sphären entschweben, oder darf sie auch ganz irdisch mit den Klängen der Geschichte spielen? Tomasz Kamieniak selbst reflektiert dies noch einmal auf pianistischer Ebene, denn Silvestrov überlässt in der Partitur kaum etwas dem Zufall: «But does the composer leave room for interpretation latitude?» Es ist ein Album geworden, mit dem man zu später Stunde auf eine Reise gehen kann – durch die Welt oder zu sich selbst; dabei ist es auch ein Berliner Album. Silvestrov floh vor dem Krieg hierhin ins Exil, der polnische Pianist Tomasz Kamieniak hat hier seinen Wohnsitz genommen – und auch dieser Teil der Hörbar entsteht unweit der Panke.
Valentin Silvestrov. Echoes of Harmony
Drei Stücke op. 38a (2005); Zwei Serenaden op. 142 (2009); Drei Stücke op. 102 (2007); Fünf Stücke op. 143 (2006); Zwei Pastoralen op. 114 (2008); Vier Stücke op. 139 (2006); Zwei Stücke op. 293 (2019); Zwei Stücke op. 82 (2005); Zwei Pastoralen op. 316 (2021); Drei Stücke op. 136 (2005); Tomasz Kamieniak. Albumblatt V.S. op. 6 (2021); Tomasz Kamieniak / Valentin Silvestrov. Albumblatt V.S. Ukrainian Version (2021)
Tomasz Kamieniak (Klavier), Valentin Silvenstrov (Klavier)
Brilliant Classics 96809 (2022)