So einen Menschen nennt man umtriebig. Es treibt ihn um in Sachen Klaviermusik, die er selbst spielt und dabei genredurchlässig zwischen traditionellen Klaviermusik-Modi und der Improvisation am anderen Ende durchstreift: Jan Gerdes. Er schreibt selbst zu seiner neuen CD-Veröffentlichung: «Songs and Improvisations changiert, ausgehend von auskomponierten oder auch nur skizzierten thematischen Zellen, mal sinnlich intim, mal rhythmisch pulsierend und dennoch improvisatorisch frei, zwischen den musikalischen Welten der Klassik, des Jazz, der Neuen Musik sowie sogar des Pop.»
Mit seinen elf «Songs und Improvisations» legt er dies in – hier eher – durchkalkulierter Form seinem Publikum vor, womit gemeint sein soll, dass er fließend von einer Tonsprache und musikalischen Poetik in eine andere wechseln kann. Bei alledem erweist er sich auf der kompositorischen Ebene als Neoimpressionist, als Eindrückesammler und -vermittler. Immer mit einer Bestimmtheit, die vollkommen unironisch ist, sondern dem klassischen Augenblick des Erscheinens von «Klang» Respekt erweist.
Damit ist diese Art von Musik wie aus der Zeit gefallen, wie in einer Parallelwelt leicht verschoben neben den Mainstreams und Kontra-Mainstreams laufend. Diese Freiheit des Ichs am Klavier geht nur manchmal in Floskeln verloren, wo der Komponist Jan Gerdes in bestimmten Traditionen zu selbstverständlich eintaucht – aber selbst dort schlägt er immer doch Funken des Besonderen aus dem kompositorisch Nacherzählten und beleuchtet damit das musikalische Spielfeld neu. Bei «Fragile» ist das für meinen Geschmack etwas zu umständlich. Im nachfolgenden «Giama Times», das mit den Mitteln von Ostinato und Blues sich ins Spiel mit freieren Liniengeflechten begibt, funktioniert es wunderbar.
Eine sich herumtreibende Musik ist das Ergebnis.
Jan Gerdes: Songs and Improvisations [2023]
- Jan Gerdes – Piano, Composition
XJAZZMUSIC (VÖ: 8.12.2023 – digital, CD, Vinyl)