Arno Bornkamp, der nicht nur auf eine nun schon 40-jährige Karriere, sondern auch auf die Mitwirkung bei mehr als 150 Uraufführungen zurückblicken kann, nutzt seine interpretatorische Seniorität freilich nicht für das Etablierte, sondern für das Neue und Ungewohnte. Die von ihm in Auftrag gegebenen oder auch nur ausgewählten Kompositionen wollen indes weder verschrecken noch überreden, sondern eher verblüffen. Und so entwickeln sich aus den Koppelungen von je-weils zwei Komponisten einer Nation (oder Herkunft) auf diesem Album immer wieder andere Perspektiven auf das in seiner Wandlungsfähigkeit weithin unterschätzte Instrument: Der Fokus wandert von Ungarn (Kurtag und Vigh) über Italien (Ruggiero und Francesconi) und die Niederlande (Menu und Veldhuis) nach Japan (Yoshimatsu und Noda) und in die Neue Welt (Marsalis und Wanamaker). Eigentlich bedurfte es dieser für offene Ohren etwas aus dem Rahmen fallenden Verknüpfungen gar nicht – selbst die Auswahl der Variationen aus Les Folies d’Espagne von Marin Marais aus der Wende zum 18. Jahrhundert wirkt in diesem Kontext erstaunlich frisch und zeitgenössisch. Ein Album also, das eine Lanze bricht – und hoffentlich nicht ohne Folgen bleiben wird.
Folies de Baryton.
György Kurtag. Kyörgy Kroó in memoriam (1997); Peter Vigh. Vlecht (2020); Giuseppe Ruggiero. Andantino–Allegro (1964); Luca Francesconi. Notturno (1987); Jan Menu. Bit of Bit (2021); Jacob ter Veldhuis. Long Before the Sun Came Up (2020); Marin Marais. Variationen aus «Les Folies d’Espagne» (1701); Takashi Yoshimatsu. Eclogue / Monologue (2021); Ryo Noda. Dance, Dance, Dance (2019); Branford Marsalis. Piece for Baritone Saxophone (2020); Gregory Wanamaker. Monology (2018)
Arno Bornkamp (Saxophon)
Genuin GEN 23822 (2022)