Ohne Zweifel. Diese Produktion gehört zu den interessantesten mit vier Händen und zwanzig Fingern aus den letzten Jahren – und Philippe Manoury versteht es auf sehr beeindruckende, originelle und originäre Weise, den Klangbereich traditioneller akustischer Instrumente durch elektronische Verfahren zu erweitern, zu verfremden oder auch in Schleifen fortzusetzen. Wer einmal mit Manoury selbst gesprochen hat versteht, dass ihm daran nichts ein bloßes Spiel ist, sondern er mit den neuen, immer einfacher mittels Programmen umzusetzenden und zugleich akustisch komplexer werdenden Möglichkeiten versucht, Räume zu erweitern sowie zwischen dem konkreten Klang und einer gewissen algorhythmischen Aleatorik zu vermitteln.
Bei Le temps, mode d’emploi (Die Zeit, Gebrauchsanweisung) aus dem Jahre 2014 handelt es sich um eine Komposition, die heute (2023) bereits ein Jahrzehnt alt ist und dennoch aktuell und zeitgenössisch wirkt. Es handelt sich um ein «großes musikalisches Fresko über verschiedene Methoden, Zeit zu gestalten», geht von den beiden sich gegenüberstehenden Flügeln und Pianisten aus und entfaltet sich in acht Abschnitten auf weiteren virtuellen Klavieren. Ein Werk der Aktion und Reaktion, das sich im Raum fortsetzt, Zeit beschreibt und erfahrbar macht, sich entwickelt, aber auch in sich zurückfällt. Selbst die SACD vermag es kaum, die suggestive Kraft einer wirklichen Aufführung auszuüben – Segen und Fluch eines Konzepts, das auf klangliche Erfahrbarkeit im vierdimensionalen Raum setzt. Einer realen Live-Performance vermag das Album nichts entgegen zu setzen. Es dokumentiert zwar, vermittelt aber nur einen Eindruck. Höchst agil: das renommierte Klavierduo GrauSchumacher.
Philippe Manoury. Le temps, mode d’emploi (2014) für zwei Klaviere und Live Elektronik
GrauSchumacher Piano Duo, SWR Experimentalstudio
Neos 11802 (2016)